■ Standbild: Und ewig glühen die Alpen
„Bergsommer – Leben auf der Alm“, Fr., 22.15 Uhr, 3sat
Ganz oben am Berg in den österreichischen Alpen, dort wo das wenige Grün im Sommer schnell in verkarstete, tote Berglandschaft übergeht, steht die Sennerhütte. Die meiste Zeit ist sie leer. Weil sie ab Oktober ohnehin niemand bewirtschaftet und weil die aufwendige Viehhaltung auf der Alm in Zeiten von EG und Massenproduktion von Fleisch, Käse und Wurst zum Aussterben verurteilt ist. Auf der Alm gibt es keine Sünde, bald auch keine Senner und Sennerinnen mehr. „Bergsommer“ verfolgt ihre mühsame Arbeitsweise. Daß Senner heute meist nicht mehr aus dem Dorf kommen, sondern häufiger aus der Großstadt, ist natürliche Folge der Postmoderne: Während sich die Dörfler um eine effiziente Arbeit in der Nähe der Ballungszentren bemühen, Landwirtschaft und Viehzucht allenfalls noch nebenher betreiben, greift der gestreßte Städter auf die körperliche Arbeit in freier Natur zurück und lebt von Mitte Juni bis Ende September einsam auf der Alm. So auch der Musiker Toni Berger und der Schriftsteller Bodo Hell, beide aus Wien. Ihr Almalltag wird porträtiert und dokumentiert. Der Almsommer ist für immer mehr Städter eine attraktive Abwechslung zu Ibiza und Sankt Moritz.
Wer von den Bergen redet, die Berge zeigt, kommt um eindrucksvolles Alpenglühn, imposante Panoramen, musizierende und jodelnde Bewohner nicht herum. Die Lebenswelt der Alpen hat sich in unseren Köpfen mit einer Patina aus Kitsch überzogen. Der 3sat-Produktion gelingt es, diese Lebensweise als eigenständige Kultur und nicht als kitschgeschwängerte Bildwelt von Touristen darzustellen. Edith Kresta
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen