piwik no script img

■ StandbildBlauäugig

„Beckmann“, Montag, 23.30 Uhr, ARD

Für viele ist er ein Feindbild, weil er den Fernsehfußball versaut hat. Reinhold „Ranissimo“ Beckmann gilt als eitle Plaudertasche, die schuld daran ist, dass es kaum noch Sport, dafür viel Werbung und heiße Luft gibt. Dann ging Beckmann weg von Sat 1, weg vom Sport, weg von guten Einschaltquoten und zurück zur ARD. Er wollte endlich ernst genommen werden – ein bisschen blauäugig, weil Leuten vom Sport grundsätzlich nicht zugetraut wird, mehr zu können, als Eckbälle zu zählen. Fast rührend, wie Beckmann seither in jeder Sendung erwähnt, dass er jetzt „Dschornalist“ sei, der seriöse Arbeit macht.

An diesem Montag wäre das gar nicht nötig gewesen: Beckmann war richtig gut. Im Gegensatz zu seinem Image nahm er sich zurück, ließ die Gäste reden und unterbrach nur, wenn nötig. Zu Recht fragte er Götz George anlässlich dessen neuen Films, ob es nicht etwas gewagt sei, einen Unmenschen wie den KZ-Arzt Mengele „menschlich“ zu spielen. Der sensible George war sichtlich erfreut über einen Gastgeber, der sich wirklich vorbereitet hatte. Bei seinem letztem TV-Auftritt war das anders. Da war er zu „Wetten, daß ...“ gegangen, um über Einsamkeit und Älterwerden zu referieren – aber Tommy hatte „nur Witze gemacht“.

Beckmann dagegen stellte einfühlsame Fragen, ohne unterwürfig zu werden. „Also bitte nicht kokettieren jetzt!“, ermahnte er den alternden Mimen, als der von seiner Unfähigkeit berichtete, „modernes Zeug“ wie E-Mail und neue Medien zu verstehen. Dazu hätte vielleicht Tochter Tanja mehr sagen können, doch die kam kaum zu Wort – Beckmanns einziger Fehler.

Die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Miriam „blond, blauäugig, blitzgescheit“ Meckel durfte dann wieder ungehindert reden, und Komiker Ingolf Lück verriet sogar etwas über sein Privatleben. Wenn Beckmann so weitermacht, gelingt es ihm vielleicht doch noch mit seiner Art, zwischen Bioleks Großväterlichkeit und Gottschalks Hampelei Anerkennung und Quoten zu kriegen. Lukas Wallraff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen