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Archiv-Artikel

Stärkung der EU-Institutionen

Irlands Außenminister Brian Cowen trifft heute zu Gesprächen in Berlin ein. Dabei geht es vor allem um den Konvent und die Erweiterung der Europäischen Union

Europa steht ja nicht im Wettbewerb mit sich selbst, sondern mit dem Rest der Welt

DUBLIN taz ■ Er freue sich auf die Diskussionen mit Joschka Fischer über die Zukunft Europas, sagte der irische Außenminister Brian Cowen, der heute in Berlin eintrifft. „Es geht um die Zukunft von Europa im Allgemeinen und um den Konvent im Besonderen – und die EU-Erweiterung“, sagte Cowen zur taz. „Die neuen Mitglieder treten am 1. Mai 2004 bei, wenn Irland die EU-Präsidentschaft innehat.“

Cowen ist Anwalt und Mitglied der konservativen Partei Fianna Fáil, die Irland seit 1927 mit kurzen Pausen regiert. Mit 24 Jahren wurde er Abgeordneter, 1992 Arbeitsminister, ein Jahr später Transportminister und 1997 Gesundheitsminister. Seit drei Jahren ist er Außenminister.

Cowen befürwortet eine Stärkung des Rates, der Kommission und des EU-Parlaments. „Unser Vertreter im Konvent hat ein Wahlkolleg vorgeschlagen, das sich aus Vertretern der nationalen Parlamente und dem Europäischen Parlament zusammensetzt und den Kommissionspräsidenten wählt“, sagt er. „Das würde die demokratische Legitimation des Amtes stärken.“

Anders als Frankreich, Deutschland und andere Länder hat Irland seinen Außenminister nicht in den Konvent geschickt. Kritiker vermuten, dass er nicht zu eng in Zusammenhang mit den Entscheidungen des Konvents gebracht werden will, damit sie später in der Regierungskonferenz rückgängig zu machen sind, vor allem wenn es um die Steuerharmonisierung geht. Deutsche Politiker haben den Iren vorgeworfen, durch die niedrige Körperschaftssteuer von 10 Prozent einen ungerechten Wettbewerbsvorteil zu haben. Cowen bestreitet das. „Die Faktoren, die Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, sind komplex. Investitionen hängen nicht nur von der Steuer ab, sondern auch von der Infrastruktur, dem Ausbildungsstand der Arbeiterschaft. Europa steht ja nicht im Wettbewerb mit sich selbst, sondern mit dem Rest der Welt.“

Einen neuen EU-Vertrag müssen die Iren per Referendum absegnen. Beim Vertrag von Nizza gelang das erst im zweiten Anlauf. Werden die Iren wieder Nein sagen? „Der Schlüsselfaktor wird sein, ob ein neuer Vertrag die Entfremdung zwischen der EU und ihren Bürgern anspricht und die Prinzipien der institutionellen Balance, der Gleichbehandlung aller Mitglieder und die Solidarität aufrechterhalten werden“, sagt Cowen. „Dann hoffe ich, dass die Iren Ja sagen.“

Zum Krieg sagen sie jedoch Nein. Umfragen haben ergeben, dass eine überwältigende Mehrheit gegen einen Angriff auf Irak ist. Am Flughafen Shannon, wo die US-Kampfflugzeuge auftanken, finden regelmäßig Proteste statt. Mehrere Kampfflugzeuge wurden von den Demonstranten beschädigt, so dass die Regierung ihre Armee schickte, um die US-Soldaten zu beschützen. „Irlands geografische Lage ist auf der Hauptflugstrecke zwischen Nordamerika und Europa“, sagt Cowen. „Seit Jahrzehnten sind US-Militärflugzeuge und zivile Flugzeuge mit Militär an Bord in Shannon zwischengelandet.“ Einen Widerspruch zur irischen Neutralität sieht er nicht. „Irland ist militärisch neutral, was vor allem bedeutet, dass wir keinem Militärbündnis beitreten. Aber wir sind nicht politisch oder ideologisch neutral.“

RALF SOTSCHECK