Stärkste Fraktion bei Kommunalwahl: Grüne erobern Stuttgart
Die Grünen im Höhenrausch: Bei der Kommunalwahl in Stuttgart wurden sie nun doch vor der CDU stärkste Fraktion - erstmals in einer Großstadt mit mehr als 500.000 Einwohnern.
STUTTGART dpa/ap/afp Die Grünen haben die Kommunalwahl in Stuttgart gewonnen. Nach übereinstimmenden Medienberichten stellen sie im Rathaus der Landeshauptstadt 16 Stadträte. Damit sind die Grünen erstmals die stärkste Fraktion vor der CDU, die 15 Mandate erreichte.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Gemeinderatswahl vom Sonntag holte die SPD 10 Sitze, die FDP 7, die Freien Wähler 6, die Wählervereinigung "Stuttgart Ökologisch Sozial" 3 und die Linke 2. Die rechtsextremen Republikaner sind mit einem Gemeinderat vertreten. Die Grünen lagen mit 25,3 Prozent einen Prozentpunkt vor der CDU.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wurden die Grünen damit stärkste Partei in der Landeshauptstadt eines Flächenlandes und einer Großstadt über 500.000 Einwohnern überhaupt. Der Erfolg der Grünen wird wesentlich auf ihr Nein zum Projekt "Stuttgart 21" zurückgeführt, den milliardenschweren Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof. Die Grünen-Landesvorsitzenden Petra Selg und Daniel Mouratidis bewerteten den Wahlausgang in Stuttgart als sensationell. Die Grünen seien jetzt faktisch eine Volkspartei in der Landeshauptstadt. "Es ist grandios, dass wir in Stuttgart die stärkste Fraktion stellen. Einen solch fantastischen Wahlsieg haben wir in unseren kühnsten Träumen nicht erwartet", erklärten die beiden Politiker.
Auch in Berlin hab es für die Grünen Grund zum Feiern. Sie erzielten mit 43,2 Prozent im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei der Europawahl einen bundesweiten Rekord. Nach vorläufigem Stand handele es sich um das beste Ergebnis, das die Partei jemals in einem Wahlkreis mit zur Wahl stehenden Listen erreicht habe, sagte eine Parteisprecherin. Lediglich bei personenbezogenen Wahlen habe die Partei in Wahlkreisen bereits bessere Ergebnisse erzielt.
Die Grünen sehen ihr 12,1-Prozent-Rekordergebnis bei der Europawahl und das gute Abschneiden bei den Kommunalwahlen als optimale Vorlage für den Bundestagswahlkampf. "Die Auseinandersetzung über die Mehrheit im Herbst ist alles andere als entschieden", sagte Spitzenkandidat Jürgen Trittin. "Wir wollen im Herbst dritte Kraft werden. Wir wollen damit verhindern, dass mitten in der Wirtschaftskrise Schwarz-Gelb eine Mehrheit bekommt." Spitzenkandidatin Renate Künast sagte: "Wir sind hochmotiviert."
Politologen sehen im Erfolg der Grünen aber noch keinen neuen Trend für künftige Urnengänge. "Die Ergebnisse sind noch kein Indiz für die Bundestagswahl", sagt der Freiburger Wahlforscher Dieter Oberndörfer und verweist auf lokale Besonderheiten, die nicht nur in Stuttgart den Wahlausgang bestimmt hätten.
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