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Städel-Museum in FrankfurtSchatzkammer mit Lücken

Das Städel-Museum in Frankfurt eröffnete wieder seine Pforten. Die neue, unter dem Museumsgarten gelegene Halle zeigt 330 Werke, bei der jungen Kunst wurde gespart.

195 Bullaugen aus bruchsicherem Spezialglas wölben sich über der Halle des neuen Städel-Erweiterungsbaus. Bild: dpa

FRANKFURT taz | Eine Besucherin sucht noch nach dem Eingang. Ein Mann hat bereits resigniert und sich erschöpft vor das Gebäude gesetzt. Die Frankfurter Fotografin Barbara Klemm hat diese Szene 2003 während der Biennale von Venedig festgehalten. Einlass zum spanischen Pavillon bekam nur, wer einen spanischen Pass vorweisen konnte. Die Installation des spanischen Künstlers Santiago Sierra konfrontierte Besucher mit der Frage: An welche Bedingungen ist der Zugang in ein Land oder in eine Kunstinstitution eigentlich geknüpft?

Klemms Schwarzweißfotografie gehört zu insgesamt 330 ausgesuchten Werken, die erstmals in der neu eröffneten Kunsthalle des traditionsreichen Frankfurter Städel-Museums zu sehen sind. Doch auch, wenn man auf der Treppe, die zur Abteilung „Kunst ab 1945“ im Souterrain führt, das vibrierende Geräusch der Installation „Frozen Water“ von Carsten Nicolai, Jahrgang 1965, vernimmt. Jüngere Positionen, gar Film- oder Videoarbeiten, sind in der 3.000 Quadratmeter großen Halle kaum vertreten.

Vor gut einem Jahr hatte Martin Engler, Kurator der Ausstellung, noch in Aussicht gestellt: „Die Neupräsentation wird eine überraschende Sammlung offenbaren.“ Tatsächlich erweist sich die weitgehend chronologisch aufgebaute Ausstellung aber als wenig experimentierfreudig.

Statt mit einem zeitgenössischen Künstler startet der Parcours mit bekannten Vertretern der abstrakten Avantgarde: Naum Gabos berühmter Büste „Konstruktiver Kopf, Nr. 1“ von 1915 oder Lyonel Feiningers „Dorfteich von Gelmeroda“ aus dem Jahr 1922. Die Berliner Architekten Kuehn Malvezzi haben fast bis zur Decke reichende Stellwände und insgesamt zehn ineinander übergehende Raumsituationen in die Kunsthalle installiert.

Das nimmt der Halle zwar das Weitläufige und ermöglicht dem Kurator eine komprimierte Erzählweise. Insgesamt hätte der Ausstellung mehr Abstand zwischen den Bildern, Fotografien, Zeichnungen und Skulpturen gut getan.

Dicht an dicht hängen die Schlüsselwerke aus der Zeit vom Beginn des letzten Jahrhunderts bis in die neunziger Jahre. Yves Kleins „Blaues Schwammrelief“ hängt neben Piero Manzonis Ölbild „Großes Genähtes“ von 1960. Auch Werke von Blinky Palermo, die kinetischen Bildreliefs der Düsseldorfer Gruppe ZERO oder das Materialbild „Coup de pied (Fußtritt)“ des Nouveau-Realisten Raymond Hains signalisieren die Abkehr vom klassischen Tafelbild.

Zu viel prallt aufeinander

Nicht immer glückt diese Art von Dialog. Zu vieles lässt Engler aufeinanderprallen: Isa Genzkens minimalistische Betonskulptur „Fenster“ von 1990 steht im Mittelpunkt einer gewagten Konfrontation: Ernst Wilhelm Nays Ölbild „Sinus“ von 1966 gegen Neo Rauchs „Stern“ von 2011. Wie unzufriedene Zeitzeugen schaut Daniel Richters „Horde“ aus dem Jahr 2007 von der anderen Wandseite gegenüber auf die denkwürdige Begegnung. Doch wer demonstriert hier gegen wen oder was?

Inszenierungen wie diese nähren den Verdacht, dass Engler die zeitgenössische Kunst vorrangig durch die Brille des Formalen betrachtet. Während ihre jüngsten Protagonisten fehlen. Vor dieser Konkurrenz muss sich das Museum für Moderne Kunst (MMK) auf der anderen Seite des Mains also erst einmal nicht fürchten.

Zwar lag der Schwerpunkt der Gegenwartssammlung des Städel bereits vor dem Neubau auf der deutschen Nachkriegsmalerei. 600 Werke aus der Sammlung Deutsche Bank kamen nun hinzu, 220 Werke aus der Kunstsammlung der DZ Bank und 369 Werke aus Ankäufen und Schenkungen. Bleibt zu hoffen, dass Gerhard Richter, Martin Kippenberger, Gerhard Baselitz oder Sigmar Polke wenigstens in den nächsten Ausstellungen durch jüngere Künstler aus aller Welt ergänzt werden.

Überzeugender als die Präsentation ist die Architektur der 52 Millionen Euro teuren Kunsthalle, die halb aus Spendenmitteln finanziert wurde. In zweieinhalb Jahren Bauzeit ist den Frankfurter Architekten schneider+schumacher ein perfekter White Cube geglückt. Der sich noch dazu unter der Gartenanlage des Städels erstreckt.

Durch die in das Deckengewölbe installierten 195 Oberlichter dringt das Tageslicht. Sämtliche Flächen, vom Fußboden bis zur Decke, sind in einem weißen Farbton gehalten. So stellt sich die Illusion fließender Raumübergänge ein. Die 18.000 Besucher, die der Neubau in den ersten beiden Eröffnungstagen anzog, zeigen, dass diese elegante Lösung ein Erfolg zu werden beginnt.

Sammlungskatalog (Hatje Cantz), 35 Euro, eine Festschrift zum Anbau (Städel-Museum) 39,80 Euro

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