Stadtumbau: Kulturbahnhof statt Frappant
Altonaer CDU-Fraktionschef schlägt ehemaligen Güterbahnhof als Künstlerquartier vor. Wettbewerb fürs gesamte Gleisareal wird vorbereitet.
In die Idee, den ehemaligen Stückgutumschlag der Bahn in Altona zu einem Kulturbahnhof zu machen, kommt wieder Leben. Der Chef der CDU-Bezirksfraktion Uwe Szczesny hat vorgeschlagen, mittelfristig die Künstler dorthin ziehen zu lassen, die wegen Ikea das Frappant in der Großen Bergstraße verlassen müssen. "Diejenigen, die sagen, Altona braucht ein solches Zentrum, haben Recht", sagt er.
Die um einen Hof gruppierten Hallen an der Harkortstraße haben ihre ursprüngliche Funktion schon lange verloren. Hier konnten Züge hineinfahren, Waren ausgeladen und auf Lastwagen umgeladen werden. Das besorgen heute Laster allein oder Containerzüge, die am Rande der Stadt entladen werden. Dazu kommt, dass die Bahn nach 2015 ihren Fernbahnhof von Altona zum Diebsteich verlegen will (taz berichtete). Ein riesiges Areal harrt der Entwicklung.
Die Eigentümer - die Bahn, Aurubis und Holsten - bereiten "in enger Abstimmung mit der Stadtentwicklungsbehörde" einen städtebaulichen Wettbewerb zur Gestaltung des Gebiets vor. Dabei, so ist von den Behörden und von Aurubis zu hören, wird grob festgelegt, wo Straßen, Plätze, Parks, Wohnungen und Gewerbebauten entstehen sollen. Szczesny findet, die Altonaer sollten dabei ein Wörtchen mitreden: Für das Gebiet solle zusammen mit der Bevölkerung ein Masterplan entwickelt werden.
Bei dem ehemaligen Stückgutbahnhof prüfen laut Kulturbehörde das Denkmalschutzamt und die Stadtentwicklungsbehörde, was von dem historischen Ensemble erhalten werden sollte. In Gesprächen mit den Eigentümern sei deutlich geworden, "dass man gegen eine kulturelle Nutzung im Low-Budget-Bereich nichts hätte", sagt Szczesny. Er stellt sich eine langfristige Nutzung durch die Künstler vor, bei einer Nettokaltmiete von etwa vier Euro. Die Eigentümer, die ja von der Entwicklung des Gebiets profitierten, könnten das mit einer Mischkalkulation finanzieren. "Aurelis kann sich alle Lösungen vorstellen, die wirtschaftlich darstellbar sind", kommentierte ein Firmensprecher.
Seit Jahren wird in Altona über eine Verlegung des Altonaer Fernbahnhofs nach Norden spekuliert.
Bahntechnisch ist das interessant, weil die Fernzüge dann von Kiel zum Hauptbahnhof durchfahren könnten. Der heutige Bahnhof ist ein Sackbahnhof. Das kostet Zeit. Der alte Bahnhof bliebe belebt, weil Regionalzüge und S-Bahnen auch künftig dort halten würden.
Stadtplanerisch darf das frei werdende Gelände als eine der größten Konversionsflächen gelten. Hier könnten alleine 2.000 Wohnungen entstehen.
Szczesny sagt, er habe darüber bereits mit Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) geredet. Deren Sprecherin verweist auf die kürzlich veröffentlichte Studie "Kreative Milieus und offene Räume". Bei den Hallen bestünden "möglicherweise Potenziale für kulturelle Zwischennutzungen", heißt es darin. Ob eine langfristige Nutzung möglich wäre, sei schwer einzuschätzen. Gianna Schade vom Vorstand der Frappant-Künstler zeigte sich interessiert, aber skeptisch ob der Realisierungschancen.
Die Kulturbehörde bemüht sich erstmal um eine andere Zwischenlösung für die Künstler: Ein bis anderthalb Jahre würde sie sie gerne in der ehemaligen Viktoria-Kaserne unweit des Amtsgerichts unterbringen.
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