Stadtentwicklung: Zehn Millionen gegen Yuppies
Investor nennt Preis für Bernhard-Nocht-Quartier. Bürgerinitiative will mit alternativem Bauträger Stattbau kooperieren. Bezirk plant, die Häuser zu erhalten.
Das Investoren-Duo Köhler und von Bargen ist bereit, das Bernhard-Nocht-Quartier zum Selbstkostenpreis abzugeben. Wie Andreas von Bargen sagt, ergäbe das einen Betrag zwischen neun und zehn Millionen Euro für alle betroffenen Häuser und Grundstücke. Der alternative Bauträger Stattbau habe Unterlagen erbeten, um den Wert der Immobilien einschätzen zu können. Die Bürgerinitiative No BNQ, die Stattbau engagiert hat und das Quartier kaufen möchte, hat schon viele Ideen entwickelt, wie es genutzt werden könnte. Die Initiative will verhindern, dass die Mieten im Viertel steigen und dessen Bewohnerschaft im Zuge der Gentrifizierung verdrängt wird.
Vor drei Wochen habe er von dem Wunsch der Initiative erfahren, das Quartier zu kaufen, berichtet von Bargen. "Verhandlungen gibt es eigentlich nicht", sagt der Investor. Er und sein Partner arbeiteten weiter an der Vorbereitung der für Juni geplanten Sanierungsarbeiten. "Wir tun im Moment so, als ob nichts gewesen wäre", sagt von Bargen. Allerdings bereiteten seine Mitarbeiter Unterlagen für Stattbau vor.
Der Wunsch, Genaueres über die Häuser zu erfahren, etwa zu den Geschossflächen oder zur Vermietung, sei legitim. In ihre Preisforderung haben Köhler und von Bargen 4,5 Millionen Euro einkalkuliert, die sie für einige der Immobilien an die Osmani-Familie bezahlten; dazu kämen die Kosten für ein zweites Grundstück und die Ausgaben für die Projektentwicklung. Von Bargen gäbe das Projekt mit Bedauern ab, wie er sagt. Er glaube aber, dass er damit "einen Teil zur Befriedung und Deeskalation beitragen könne".
No BNQ möchte das Bernhard-Nocht-Quartier zusammen mit dem bundesweit tätigen Mietshäuser-Syndikat kaufen. Die Beteiligung des Syndikats als Muttergesellschaft für einen oder mehrere Hausvereine würde sicherstellen, dass die Immobilien genossenschaftliches Eigentum bleiben. Neben der eher juristisch relevanten Beteiligung des Syndikats müsste No BNQ weiteres Geld besorgen, nach dem Syndikatsmodell vorzugweise durch Kredite von Menschen, die das Projekt unterstützen. Ein erstes Treffen für interessierte Baugruppen am Sonntag sei "super besucht" gewesen, sagt Christoph Schäfer von No BNQ.
Das Mietshäuser-Syndikat beteiligt sich an Projekten, um diese dem Markt zu entziehen und berät sie. Das funktioniert so:
Hausverein: Die Bewohner oder Projektteilnehmer gründen einen Hausverein. Der Hausverein erwirbt einen Genossenschaftsanteil am Syndikat.
Beteiligung: Syndikat und Hausverein gründen eine GmbH, an deren Stammkapital das Syndikat knapp zur Hälfte beteiligt ist.
Projektfinanzierung: Konkrete Vorhaben werden unter Umgehung der Banken durch Direktkredite von Privatleuten finanziert.
Köhler und von Bargen dürfen die Häuser eigentlich nicht weiterverkaufen. Sollte No BNQ kaufen, sei aber eine Ausnahme möglich, sagte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD). Schließlich habe nur verhindert werden sollen, dass sich Finanzinvestoren oder Spekulanten der Häuser bemächtigten. Der Bezirk wolle die Gebäude zu mieterverträglichen Bedingungen erhalten.
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