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Stadtbärinnen müssen bleibenLebenslang für Maxi und Schnute

Die beiden Berliner Stadtbärinnen leben schon so lange in ihrem Zwinger, dass sie nicht mehr transportfähig sind und nun für immer in ihrem Gefängnis bleiben müssen.

Schnute mit hängender Zunge: Schon der Sommer macht viel Stress in diesem Alter. Bild: dpa

Maxi und Schnute bleiben bis an ihr Lebensende eingesperrt. Die beiden Berliner Stadtbärinnen seien „auch in Anbetracht des vorliegenden Bärenalters nicht transportfähig“, teilte Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) am Mittwoch mit. Der Bärenwald Müritz hatte angeboten, die 32 Jahre alte Maxi und ihre 27-jährige Tochter Schnute in seinem Freigehege aufzunehmen. 19 Braunbären leben dort bereits auf einer 160.000 Quadratmeter großen Fläche.

Doch Maxi und Schnute werden dort sterben müssen, wo sie geboren sind: in einem 480 Quadratmeter großen Zwinger im Köllnischen Park neben dem Märkischen Museum in Mitte. Denn der Transport von Maxi und Schnute wäre nur mit Betäubung möglich gewesen. Und das ist bei den alten Bärinnen zu riskant, befanden die Tierärzte vom Veterinäramt Mitte und dem Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin.

„Es tut uns sehr leid für Maxi und Schnute, dass sie niemals die Chance bekommen werden, einige schöne Jahre in einer bärengerechten Umgebung zu leben“, sagt Carsten Hertwig, der als Geschäftsführer des Bärenwaldes Müritz arbeitet und sich in der Tierschutzvereinigung „Vier Pfoten“ engagiert. „Wir hatten seit 2005 einen Platz im Bärenwald für Maxi und Schnute reserviert und schon damals das Gespräch mit dem Bezirk Mitte gesucht.“

Das „Berliner Bärenbündnis“ hat unterdessen angekündigt, die Unterlagen der veterinärmedizinischen Untersuchung gründlich prüfen zu wollen. „Wir erwägen rechtliche Schritte gegen den Amtsveterinär“, so Sprecher Stefan Klippstein. „Angesichts des miserablen Zustands der Tiere und ihrer Verhaltensstörungen werten wir sein jahrelanges Nichteinschreiten als Beihilfe zur Tierquälerei.“

Das „Berliner Bärenbündnis“ ist ein Zusammenschluss der Tierschutzorganisationen Aktion Tier, Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt, Animal Public, Bund gegen Missbrauch der Tiere, Deutsches Tierschutzbüro und Tasso. Die Gruppen engagierten sich seit vergangenem Jahr, um die Freilassung der beiden Bärinnen zu erreichen.

Um Maxi und Schnute gab es eine jahrelange politische Auseinandersetzung. Für die Freilassung der Stadtbären hatte sich unter anderem der „Tatort“-Schauspieler Andreas Hoppe eingesetzt. Im Dezember 2012 hatte das Bezirksparlament von Mitte schließlich auf Antrag der Grünen die Verwaltung aufgefordert, „alle passenden Übernahmeoptionen für die Braunbärinnen Maxi und Schnute zeitnah zu prüfen“. Mehr als 23.000 Menschen unterzeichneten eine Petition des Bärenbündnisses.

Die Idee zu dem Stadtzwinger hatte der Berliner Wilfrid Bade, dessen Leserbrief die Boulevardzeitung B.Z. am Mittag am 23. August 1937 veröffentlichte: „Wir Berliner wollen was Lebendiges, wir, die Einwohner der lebendigsten Stadt. Ein Bär, ein Bärchen meinetwegen, dem wir Zucker geben können oder sonst etwas, der ans Gitter kommt und die große Pfoten durch die Stäbe steckt und der eine lange rote Zunge hat und eben der Berliner Bär ist.“

Oberbürgermeister Julius Lippert von der NSDAP fand die Idee gut – schon im Jahr 1938 wurde der Zwinger eingerichtet. Bern, das im Wappen auch einen Bären führt, spendete die zwei ersten Tiere, Urs und Vreni. Seither wohnten in dem kleinen Gebäude mit Wassergraben 55 Braunbären, 47 von ihnen wurden dort geboren.

Was ursprünglich als besondere Attraktion geplant war, lockt heute kaum noch einen Besucher an. Maxi und Schnute werden dann auch die letzten Einwohner sein – der Bezirk will den Zwinger nach ihrem Tod schließen.

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6 Kommentare

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  • D
    Django

    wer einmal am Zwinger war, der weiß wie elendig das leben für die tiere sein muss. das ganz leben lang in einer grube hocken, kein horizont, keine anderen tiere und pflanzen, nur permanenter und extremer lärm, smog, mit gegenständen beworfen werden, künstliches licht in der nacht usw. man fragt sich wie sich leute an dem anblick erfreunen konnten. dadurch das heute niemand mehr hinschaut, ist auch die letzte offizielle legitimation fürs einsperren weg. zynischerweise bildet dieser zustand die situation in der viele menschen in berlin leben (müssen/sollen) gut ab.

     

    da gings dem "illegalen" bruno im vergleich ja fast noch besser, als ihn ein völkischer bayer spontan durchlöcherte.

     

    wünsche den leuten weiterhin mut an der sache dran zu bleiben. lieber sie kotzen durch die betäubung n weile ab oder stehen nicht mehr auf, als länger in dieser hölle zu sein.

  • L
    Lars

    Wie viele im besagten Tierschutzverein mögen wohl Fleischesser sein?

     

    Einfache, bürgerlich durchweg anerkannte Lösung für das Leiden: beide Bären umbringen, möglichst Human, vielleicht mit einem Bolzenschussgerät.

     

    Passiert in Deutschlands größtem Schlachthof mit 30.000 Schweinen pro Tag.

     

    Warum sind zwei Kuschelbären, die öffentlich Jahrzehntelang gequält worden sind, da überhaupt noch relevant?

     

    Weil es eben Bären sind, und keine Mastschweine. Sind irgendwie gleicher.

     

    Der gleiche Schwachsinn wie bei der Trauer um Knut.

  • B
    Bioverpackung

    In der freien Wildbahn hätten sich die Bären schon längst an irgendwelchen zivilisationsmüll lebensgefährlich verletzt .

  • T
    Tierfreundin

    Es tut weh, die armen verhaltensgestörten Tiere in ihrem betonierten Zwinger zu sehen. Es ist ein Skandal, dass so viele Jahre gewartet wurde, bis der Bezirk erwog, ihnen ein artgerechteres Leben zu ermöglichen. Der damalige Tierschutzbeauftragte hat jahrelang Gespräche geführt und auch die Tierschutzverbände schalteten sich ein, sammelten Unterschriften, veranstalteten Aktionen etc. Zwei Bärenparks wären bereit gewesen, die Tiere aufzunehmen. Alles vergebens. Nun sind sie nicht mehr transportfähig und müssen ihr trauriges Leben in Gefangenschaft beenden. In Kürze gibt es ein neues Säugetiergutachten, nach dem der Zwinger nicht mehr den Anforderungen genügt. Was wird dann? Müssen sie dann in den Tierpark abgeschoben werden, wo die Tiere im Bärenfenster nicht minder schlecht gehalten werden? Oder wartet dann gar die Todesspritze auf sie?

  • E
    eva

    "dass sie nicht mehr transportfähig sind" ist eine Behauptung, die die TAZ so nicht im Indikativ übernehmen sollte.

     

    Wer das behauptet, ist tendenziös.

     

    Es sind schon weit ältere Tiere auf weit längere Reisen geschickt worden als es die Reise in den Bärenwald für die beiden wäre.

     

    Hier hat die Berliner Popeligkeit über das Tierwohl gesiegt.

     

    Ich hoffe, die Tierschutzorganisationen lassen nicht locker und setzen sich weiterhin für eine Befreiung der beiden aus ihrem Miniknast ein. Je früher desto besser!

  • SG
    Schmidt Georg

    die armen Viecher, normalerweise müsste sie, da sie artgerecht gehalten werden, getötet werden, war bei uns so, ein paar Rehe, die Grünen machten mords Sperrl, also die Tiere mussten weg, auswildern ging nicht, so hat man die Rehe abgeknallt! war sicher ein schönes Enderlebnnis für die Viecher! tja, Tierschutz muss sein!