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Staat will Elektroautos höher fördernFreie Fahrt für Stromfresser

Die Regierung will Elektroautos im Straßenverkehr bevorzugen und die Forschungsmittel verdoppeln. Umweltschützer kritisieren, dass der Einfluss der Industrie zu hoch sei.

Förderung für die Unternehmen, keine Prämien für den Kunden: Elektroautopolitik der Regierung. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Bundesregierung will Deutschland zu einem Leitmarkt für Elektroautos machen. Bis 2020 sollen eine Million elektrisch betriebene oder unterstützte Pkws auf deutschen Straßen unterwegs sein, bis 2030 sollen es sechs Millionen sein. "Das ist unser Ziel", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag in Berlin nach einem Treffen mit Experten der Nationalen Plattform Elektromobilität. Von 2011 bis 2013 würden entsprechende Forschungsmittel der Bundesregierung auf 1 Milliarde Euro verdoppelt, so Merkel.

Die Kanzlerin zeigte sich zuversichtlich, dass das Ziel bis 2020 erreicht wird - obwohl derzeit nur wenige tausend Elektroautos in Deutschland fahren. "Optimistisch stimmt mich, dass es exponentielle Kurven gibt", sagte Merkel. Die Entwicklung werde, wie bei der Einführung anderer Technologien oder Produkte, nicht linear verlaufen. Auf dem Markt werde sich aber sehr viel tun. Und deutsche Anbieter würden so rechtzeitig dabei sein.

Die Einführung von Elektrofahrzeugen will die Bundesregierung mit verschiedenen Maßnahmen fördern. Dazu zählen etwa die Befreiung von der Kfz-Steuer, Verbesserungen bei der Dienstwagenbesteuerung, Extraparkplätze oder gesonderte Fahrspuren für Elektroautos. Ab 2013 sollen 10 Prozent der Fahrzeuge, die die Bundesregierung beschafft, elektrisch angetrieben sein. Der Strom, den die Elektroautos in Deutschland verbrauchen, soll zusätzlich aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Das habe die Stromwirtschaft zugesagt, hieß es.

Kaufprämien seien der falsche Anreiz

Eine staatliche Prämie für Käufer von Elektrofahrzeugen, die derzeit deutlich teurer als herkömmliche Pkws sind, lehnt die Bundesregierung ab - im Gegensatz zu den Grünen, die 5.000 Euro pro Fahrzeug fordern. Eine einfache Kaufprämie sei nicht der richtige Anreiz, so Merkel. "Wir haben das nüchtern analysiert." Wichtiger sei es, die Menschen zu motivieren, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Dafür seien Firmen- und Dienstwagen besonders gut geeignet.

Der neue Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) warnte davor, neue Subventionen zu schaffen. "Wir wollen stattdessen Anreize setzen", sagte er. Zudem müsse man darauf achten, dass bei der Suche nach Alternativen zum Erdöl nicht neue Abhängigkeiten entstehen - etwa von Rohstofflieferanten, die Seltene Erden besäßen. Diese werden vor allem für die Batterietechnik benötigt.

Der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte die Pläne der Bundesregierung. Die Empfehlungen der Nationalen Plattform Elektromobilität seien nicht geeignet, "den Verkehr durch die intelligente Nutzung der Elektromobilität umweltverträglicher zu gestalten", so VCD-Bundesgeschäftsführerin Kerstin Haarmann. "Sie stellen das zwangsläufige Ergebnis dar, das man erhält, wenn man die betroffene Automobil- und Strombranche relativ ungestört von externer Expertise ihren Subventionsbedarf für bislang unterlassene Investitionen selbst zusammenschreiben lässt."

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9 Kommentare

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  • O
    Opethbass

    Rechnen wir doch mal:

     

    (20000km Laufleistung pro Auto und Jahr, Durchschnittsverbrauch von 10kWh/100km):

     

    6mio Autos * 20000km/Jahr * 10kWh / 100km * 1GWh / 1000000kWh = 12000GWh

     

    Zum Vergleich: AKW Gundremmingen 2009: 20000GWh

    Windkraft gesamt 2008: 38360GWh

     

    Fazit: Bereits heute könnten ungefähr 18mio E - Autos allein mit Windkraft fahren. Also kein Gegenargument gegen die Emobile

  • G
    ghostwriter

    @Sozialist

     

    82 Mio Elektroautos auf lau? Da fallen mir auf Anhieb viele Fragen ein, wie z.B.

    Wer soll das bezahlen?

    Wo kommen die ganzen Rohstoffe zum Bauen der Autos her?

    Wer bringt den vielen im Elektrostau stehende AutofahrerInnen den Kaffee und warme Decken?

    Wo kommt der ganze Strom her?

    Die Stromkonzerne sind jetzt schon am heulen, dass wir Atomstrom aus Tschechien und Frankreich importieren müssen, weil wir 1/3 unsere Atomkraftwerke, die (alle zusammen, nicht nur die abgeschalteten) momentan 1/3 unserer Stromproduktion ausmachen.

    Der Strombedarf für mehrere Millionen Elektroautos wird aber vermutlich die 1/9 unserer derzeitigen Strommenge weit übersteigen.

    Außerdem muß man den Wirkungsgrad der Kraftwerke ( ca. 35% ) noch mit den Wirkungsgraden der Leitungsnetze, des Batterielade- und -entladevorgangs und des Motors multiplizieren. Eine umweltfreundliche Zahl kommt da nicht bei raus.

     

    Daher:

    1. Erst denken und dann schreiben

    2. an jedes E-Auto gehört bis auf weiteres ein Aufkleber: Ich fahre mit Atomstrom oder Ich fahre mit Braunkohle.

  • E
    EU-Gegner

    Elektrofahrzeuge sind so lange ein Volksverarsche, bis der Strom aus 100 % ökologischer Herstellung kommt. Solange noch Kohlekraftwerke und auch Atomkraftwerke für den Strom sorgen, haben Elektroautos nichts mit Umweltschutz zu tun. Der Strom dafür fällt schließlich nicht vom Himmel. Eine "Strombetankung" für Fahrzeuge darf davon abgesehen sowieso nicht länger als 15 Minuten dauern und die Reichweite sollte bei 500 KM liegen. Alles andere ist totaler Quatsch. Auch die Akkus müssen umweltverträglich sein und bei Herstellung und Entsorgung unbedenklich für die Umwelt sein. Außerdem muß solche Technik auch für den Normalbürger der immer mehr sparen und auf Kosten achten muß bezahlbar sein. Das heißt: Im Prinzip muß bei der heutigen Entwicklung des Einkommens der Bürger ein Elektrofahrzeug sogar billiger werden als die bisherigen Fahrzeuge.

  • RB
    Roland Beck

    Ich bin gespannt, wie dann die Definition eines Elektroautos aussieht. Ist ein Plug-In-Hybrid ein Elektroauto? Darf ein Elektroauto einen benzingetriebenen Range-Extender haben? Wieviel Kilometer Reichweite muss ein Elektroauto haben, bevor der Range-Extender anspringt, damit es gefördert wird?

     

    Die Diskussion um die Förderung des E-Autos zeigt, wie kurzsichtig die Politik leider geworden ist. Hätte man der Industrie vor 5 Jahren gesagt, dass es 2012 eine Förderung in Höhe von x Euro gibt, dann hätte die Industrie sich darauf einstellen können und passende Produkte entwickelt. So wird die Subvention einfach mitgenommen, denn am Angebot oder der Innovation ändert das so kurzfristig gar nichts.

  • V
    vic

    Ich denke, primär sollte man sich auf naheliegende Maßnahmen konzentrieren. Moderne Autos müssen nicht über 200 km/h schnell sein, nicht über 6 Liter Sprit verbrauchen, und nicht über 130g co2/km emittieren.

    Zudem muss endlich ein Templimit eingeführt und der ÖPNV gefördert werden.

    Abgesehen vom Angeberfaktor von Porsche, Mercedes und BMW;

    so lange Elektrofahrzeuge noch mit Atom- und Kohlestrom betrieben werden und die Batterieproduktion auf die umweltzertstörerische Lithiumförderung angewiesen ist, eilt das nun wirklich nicht.

    Dazu kommt, dass der Preis zu hoch und der Aktionsradius dieser Fahrzeuge zu gering ist.

  • X
    xonra

    Peinlich für die Grünen, die Forderung nach 5000 Euro Kaufprämie ist völlig überflüssig. Wenn die angebliche Hightech Branche Automobilindustrie nicht in der Lage ist, ein Elektrofahrzeug zu einem vernünftigen Preis zu produzieren, sollen sie es lassen.

     

    Die staatliche Förderung des ÖPNV müßte allerdings verstärkt werden. Wenn Frau Künast und Herr Trittin etwas für die Industrie tun wollen, müssen sie erst einmal selbst demonstrativ ein solches Fahrzeug fahren. Wichtig ist eine allgemeine Verhaltensänderung der fossilen Autonutzer bevor sie umsteigen.

  • MS
    Michael S.

    Mal eine doofe Frage. Wenn man bis 2030 6 Millionen Elektoautos auf den Straßen haben will und bis dahin alle Atomkraftwerke abgeschaltet sein sollen, woher soll dann die zusätzliche Energie herkommen? Auch wenn man die Öko-Energiegewinnung ausbaut, es scheint erfahrungsgemäß in Deutschland selten die Sonne und es ist auch schonmal windstill!

  • S
    Sozialist

    Man sollte jedem Bundesbürger ein Elektroauto zur Verfügung stellen! Alles andere ist absolut unsozial!

  • B
    b.w.

    Es könnte die Kfz Steuer auf den Energieverbrauch bezogen werden oder auf das Gewicht (das meist sehr proportional dazu ist); dann wäre auch ein E-Car, der viel Energie braucht, entsprechend teurer.