: Staat muß Privatschulen fördern
■ Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Bundesländer zur Sicherung des Existenzminimums privater Schulen verpflichtet / Personal– oder Sachleistungen möglich
Karlsruhe (dpa) - Alle bundesdeutschen Privatschulen haben Anspruch auf staatliche Förderung. Nach einer am Mittwoch verkündeten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind die Bundesländer verpflichtet, zumindest das Existenzminimum der privaten Schulen zu garantieren. Mit dieser Entscheidung hatte nach 18jährigem Rechtsstreit die Klage eines bekenntnisfreien Privatgymnasiums gegen das Hamburger Privatschulgesetz Erfolg. Der Schulträger hatte sich dagegen gewehrt, daß in der Hansestadt konfessionelle Privatschulen und Waldorfschulen einerseits und bekenntnisfreie Privatschulen andererseits unterschiedlich gefördert werden. Den Bundesländern sei jedoch freigestellt, von einer direkten finanziellen Förderung abzusehen und diese durch Personal– und Sachleistungen zu ersetzen. Dem Staat ist es nach diesem Urteil jedoch verwehrt, bei der Höhe der Förderung ohne sachliche Gründe zwischen Bekenntnis– und Weltanschauungsschulen und weltanschaulich ungebundenen Schulen zu differenzieren. Darüber hinaus dürfen private Abendrealschulen und Abendgymnasien nicht von vornherein von der Förderung ausgenommen werden. Weltanschaulich ungebundenen Schulen werden nur 25 Prozent der Kosten ersetzt, die auf einen Schüler einer staatlichen Schule entfallen, während die konfessionellen Privat– und die Waldorfschulen mit 82 beziehungsweise 77 Prozent gefördert werden. Darüber hinaus wandte sich der Träger der Privatschule dagegen, daß nach der Hamburger Regelung private Abendschulen von der staatlichen Förderung ausgenommen werden. In zwei Vorlagebeschlüssen hatte das Verwaltungsgericht Hamburg diese Vorschriften für verfassungswidrig erklärt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Beide Regelungen wurden nunmehr vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Entschließe sich der Gesetzgeber „in Erfüllung seiner Schutzpflicht“ für private Schulen dazu, diese durch finanzielle Zuwendungen zu fördern - so die Karlsruher Richter -, dann müßten alle Privatschulen nach Maßgabe des Gleichheitssatzes berücksichtigt werden. Die Hansestadt Hamburg habe keine sachlichen Gründe für die „Schlechterstellung“ der bekenntnisfreien Schulen genannt.
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