Springer und Sarrazin: "Bild" hat keine Meinung
Die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden gehört zur Unternehmenssatzung von Axel Springer. Bei Sarrazins Anmerkung zu Juden drückt "Bild" aber beide Augen zu.
Die fünf gesellschaftspolitischen Unternehmensgrundsätze, 1967 von Axel Springer formuliert, nach der Wiedervereinigung 1990 geändert und 2001 ergänzt, sind bei Deutschlands größtem Pressehaus bekanntlich Bestandteil der Unternehmenssatzung. Sie beschreiben ein freiheitliches Weltbild. Das beinhaltet unter Nummer 2: "Das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes."
Wenn also irgendwer in irgendeinem Interview auf die Frage: "Gibt es auch eine genetische Identität?", an erster Stelle mit: "Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden", geantwortet hätte, hätte er am nächsten Tag in Deutschlands größter Zeitung auf die Fresse gekriegt oder es zumindest in die beliebte Rubrik "Verlierer des Tages" geschafft. (Nein, nicht wegen der Basken).
Dummerweise hat diesen Satz nun Thilo Sarrazin gesagt, und das auch noch im Interview mit Springers Welt am Sonntag. Und plötzlich hat Bild keine Meinung. Kein klares Wort der Redaktion, nirgends.
Auf dem Titel findet Sarrazin gar nicht statt, auf der politischen Seite 2 fordert der Kommentar von Hugo Müller Vogg zwar "Die Politik muss handeln!", meint aber - die Rente. Und Franz Josef Wagner hat Post für Menschen, die "Steuern zahlen, morgens arbeiten gehen, das Grundgesetz achten, CDU wählen, ein Reihenhaus haben" und trotzdem "auf die Straße gehen". Allerdings nicht wegen Sarrazin, sondern gegen "Stuttgart 21".
Zu Sarrazin nur Ausrisse aus anderen Blättern - und unter der Überschrift "Hetzer oder Held" Meinungen der Bild-Leser. (Wobei viele Pro-Sarrazin-Beiträge eigentümlich fetter gedruckt sind als die Gegenstimmen.)
Merkwürdig, das.
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