piwik no script img

Springer Verlag verkauft Pro7-AnteilePolitur für die Jahresbilanz

Springer will die ProSiebenSat.1-Anteile verkaufen, das Abenteuer Privatfernsehen ist beendet. Mit der Pin-Pleite habe das nichts zu tun - sagt Springer.

Der Verkauf der ProSiebenSat.1-Anteile bringt Springer rund 500 Millionen Euro. Bild: dpa

Die Ähnlichkeit der Summen ist ein Zufall - aber einer, der wie eine Aufforderung anmutet, einen Zusammenhang zwischen den größten Niederlagen von Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner herzustellen: dem Verbot des Kartellamts, ProSiebenSat.1 zu übernehmen, und der Übernahme der Pin-Group.

Der Zufall in Zahlen: 510 Millionen Euro investierte die Axel Springer AG im Sommer in die Übernahme des alternativen Postzustellers Pin-Group. Das Geschäft ist gescheitert, Springer schiebt das auf die wohl bevorstehende Einführung von Mindestlöhnen in der Postbranche. Kritiker begründen das allerdings mit dem Geschäftsmodell Springers bei Pin, das auf sehr niedrigen Löhnen basiert.

Die erstaunlich ähnliche Summe von 509 Millionen Euro brächte nun der Verkauf der Anteile, die Springer am Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 hält: jeweils 12 Prozent der Stamm- und Vorzugsaktien. Die sollen nun für durchschnittlich je 19,40 Euro an die ProSiebenSat.1-Mehrheitseigentümer, die Investoren KKR und Permira, gehen - was noch einmal auf die zweite große Springer-Niederlage zurückverweist: das Verbot der Fusion mit ProSiebenSat.1 durch das Kartellamt 2006.

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatte Springer im Herbst die Kartellamtsentscheidung noch prüfen lassen. Nun aber gibt man die Pläne endgültig auf, ProSiebenSat.1 zu übernehmen und ins Fernsehgeschäft einzusteigen, worin Döpfner eine potenzielle Säule des Konzerns in der Zukunft gesehen hatte. Eine große Überraschung ist das nicht, zumal die Anteile am Fernsehkonzern so auch nicht mehr auf die Rendite schlagen können: Den großen Privatsendern droht der FTD zufolge ein Einbruch der Werbeeinnahmen zum Jahresbeginn um 5 bis 10 Prozent.

Doch der Zeitpunkt der Ankündigung, sich bei ProSiebenSat.1 zurückzuziehen, passt gut in die Zeit - wegen der sich ankündigenden Pin-Pleite. Am Freitag soll über die Zukunft des Springer-Engagements bei Pin entschieden werden, Springer droht mit Insolvenz. Pin-Vorstandschef Günther Thiel derweil kündigte am Dienstag gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an, das Management wolle bei einem Rückzug Springers das Unternehmen selbst übernehmen, eventuell mit Hilfe von Finanzinvestoren.

Bei Springer heißt es: "Einen Zusammenhang" zwischen Pin und dem Verkauf der ProSiebenSat.1-Anteile "gibt es nicht." Allerdings ermöglichen es die Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehanteile, die Jahresbilanz noch zu polieren - man könnte die Pin-Verluste so noch nahezu ausgleichen. Dafür aber müssten die ProSiebenSat.1-Anteile noch 2007 veräußert werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!