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Sprengstoff am Flughafen MünchenEin Fehlalarm in jeder Hinsicht

Der Mann, der am Mittwoch in München mit seinem Laptop Sprengstoff-Alarm auslöste, war gar nicht verschwunden. Er ging sogar ein zweites Mal durch die Kontrolle.

Immer diese Laptops. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Der aufsehenerregende Zwischenfall am Münchner Flughafen, der wie eine mögliche Sprengstoff-Attacke aussah, ist nach neuesten Erkenntnissen in jeder Hinsicht ein Fehlalarm gewesen. Der unbekannte Mann, der am vergangenen Mittwoch angeblich verschwunden war, nachdem sein Computer Sprengstoffalarm ausgelöst hatte, sei gar nicht fortgeeilt, teilte die Regierung von Oberbayern am Sonntag mit. Vielmehr sei er wie alle anderen Passagiere später in aller Ruhe nochmals durch die Sicherheitskontrolle gegangen.

Der Unbekannte habe, anders als bisher gedacht, bei der Evakuierung des Terminals wie alle anderen Passagiere auch das Gebäude verlassen und dann die erneuten Kontrollen mitgemacht, hieß es. Das hätten nun Videoaufnahmen gezeigt. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die Polizei fieberhaft nach ihm suchte, wurde er nicht erkannt.

Bei der zweiten Kontrolle des Laptops, der Stunden zuvor Sprengstoffalarm ausgelöst hatte, wurde nichts mehr gefunden. "Weil nie Sprengstoff drinnen war", sagte Regierungssprecher Heinrich Schuster.

Damit erweist sich der Zwischenfall als ein totaler Fehlalarm. Hatte es zunächst geheißen, der Mann sei rasch verschwunden, nachdem in seinem Laptop Spuren von Sprengstoff gefunden worden seien, zeigen die Videoaufnahmen laut Schuster ein anderes Bild: Der Passagier habe ohne Hast nach der Kontrolle sein Laptop wieder eingepackt und sei in einen Duty-Free-Shop gegangen.

Als das Gebäude geräumt wurde, habe er es wie alle anderen auch verlassen. Nach Aufhebung der Sperrung sei er dann um kurz nach 21 Uhr zum zweiten Mal durch die Kontrollen gegangen – inklusive Laptop. "Er schaut harmlos aus", sagte Schuster.

Der ursprüngliche Verdacht auf Sprengstoff in seinem Laptop habe sich nicht bestätigt. Bereits bei der ersten Kontrolle seien die Sprengstoff-Werte "an der untersten Hinweisschwelle" gewesen. Innerhalb der rund sechs Stunden zwischen den beiden Kontrollen habe sich der feine Stoff, der wohl von Parfüm, Schokolade oder anderen Materialien stammte, vermutlich verflüchtigt.

Am Mittwochnachmittag waren Teile des Terminals II evakuiert worden, nachdem das Flughafenpersonal Alarm wegen eines mutmaßlichen Sprengstoff-Fundes geschlagen hatte. Ein Unbekannter sei von der Sicherheitskontrolle in den nicht-öffentlichen Bereich des Flughafens gelangt, nachdem an seinem Laptop Substanzen gefunden worden waren, die auf Sprengstoff deuteten, hatte die Polizei zuerst mitgeteilt.

"Offenbar wusste er nicht einmal, dass er selbst am Nachmittag mit seinem vorzeitigen Verlassen des Kontrollbereichs die Großaktion ausgelöst hatte", erklärte Regierungspräsident Christoph Hillenbrand in der Mitteilung.

Auch die Bundespolizeiinspektion am Flughafen München geht mittlerweile von einem Fehlalarm bei dem mutmaßlichen Sprengstofffund aus, wie ein Sprecher am Sonntag bestätigte. Vermutlich habe der Passagier gar nicht gewusst, was er angerichtet habe. Allerdings wird dennoch weiter nach dem Mann gesucht, um den Vorfall endgültig zu klären.

Die Vermutungen seien bislang "sehr spekulativ". Der Sprecher betonte jedoch erneut, dass strafrechtlich derzeit nichts gegen den Mann vorliege. Hillenbrand erklärte, der Vorfall werde trotz der Entwarnung konsequent aufgearbeitet. Jedes Detail des Ablaufs werde auf Verbesserungsmöglichkeiten geprüft.

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16 Kommentare

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  • J
    Joachim

    Am meisten erstaunt mich, dass es mehrere Tage gedauert hat, die Video-Überwachung auszuwerten. Da wird sechs Stunden ein Terminal gesperrt und in dieser Zeit kommt niemand auf die Idee nachzuschauen, wen man denn eigentlich sucht.

    Geht doch nach jedem Bankraub schneller.

  • K
    Karl

    @ brtter

     

    Obwohl Sie den Sachverhalt nicht durchschauen, kommen Sie fast zum richtigen Resultat.

     

    Das Gesamtversagen des "Sicherheitssystems" stellt hier von sich aus die Systemfrage!

    Da wird extra eine "private Gesellschaft gegründet um die möglichen Haftungsansprüche im Schadensfall juristisch zu begrenzen.

    Da werden "Billigkräfte" eingesetzt wo eigentlich ein ausgebildeter Chemiker hingehört.

    Da wird auf unprofessionelem Niveau mit nur einem Gerätetyp -EGIS- einer Höchstgeschwindigkeits GC rumgepfuscht, weil es ja völlig egal ist ob man noch im linearen Messbereich ist oder nicht?

     

    Es ist ja nicht so dass die entsprechende Analytik ein großes Geheimnis wäre, nur ist diese in sachgerechter Form teuer! Damit sind wir wieder beim System......

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • E
    Eser

    @brtter: Es würden genauso viele Flugzeuge wie Züge in die Luft fliegen.

  • B
    BinSchonNackt

    Wozu brauchte man jetzt nochmal die Nacktscanner?

    Der Deutsche Bundestag möge sich dafür aussprechen keine Ganzkörperscanner (auch Nacktscanner genannt) an deutschen Flughäfen zuzulassen.

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=9109

  • B
    brtter

    Na also, woeder mal was um auf allem rumzuhacken, und den Terrorhype und Sicherheitswahn zu geisseln. Und warum: weil ein armer Mindestloehner am Flughafen einen Fehler gemacht hat. Und die Schlussfolgerung hier im Forum: Bring alles nix, abschaffen.

     

    Kann man ja so sehen, aber dann bitte auch gleich die ganze Polizei abschaffen, denn die versagt ja auch dauernd und laesst noch Straftaten zu. Und vielleicht auch gleich das Strafgesetzbuch, und die Justiz. Lasst uns doch von einer Welt traeumen in der alle gut sind...

     

    Mal eine Frage: Wie lange wuerde es dauern, bis ein Flugzeug in die Luft fliegt, wenn Schaeuble ab morgen alle Kontrollen an Flughaefen ersatzlos abschafft???

     

    Man kann sich ueber einzelne Massnahmen und deren Sinnhaftigkeit ja gerne unterhalten, aber bitte nicht immer gleich die Systemfrage stellen...

  • S
    Sub

    "Vermutlich habe der Passagier gar nicht gewusst, was er angerichtet habe."

     

    ...was bitteschön hat der Mann denn "angerichtet"?!

  • W
    wespe

    "der feine Stoff, der wohl von Parfüm, Schokolade" --

    Jaja, vor allem Parfüm. In Bussen und Strassenbahnen gerate ich auch in panikartige Alarmzustände, wenn Frauen mit ihren Parfüm- und Haarspraywolken herumziehen. Und Zartbitterschokolade ist ein Anschlag auf meine Geschmacksnerven. ;-)

  • K
    Karl

    Sehr geehrte Redaktion,

     

    es ist in diesem Zusammenhang durchaus angebracht darauf hinzuweisen, dass:

     

    - es sich bei dem in Rede stehenden Überprüfungsvorgang de facto um einen technisierten Schnelltest, nicht um einen annalytischen Nachweis handelt. Die Aussagekraft also bescheiden ist.

    - diese Testgeräte, auf die (theoretisch mögliche) maximale Empfindlichkeit eingestellt, nicht sachgerecht betrieben werden können.

    - für den Sachgerechten Betrieb und die Fehlererkennung eigentlich ein Fach-Chemiker erforderlich ist.

    - die tatsächliche Einsatzbereitschaft des Testgerätes bisher zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar dokumentiert worden ist!

     

    Soo wirds nichts mit der Inneren Sicherheit!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • D
    DerBerner

    Zitat:" Vermutlich habe der Passagier gar nicht gewusst, was er angerichtet habe."

     

    Der Passagier hat überhaupt nichts angerichtet, er hat sich ganz normal verhalten. Ich staune das die Fluggesellschaften sich so ruhig verhalten, dieser ganze Terrorhype ist doch geschäftsschädigen.

  • NM
    Norbert Masson

    Jetzt sucht man immer noch den UNSCHULDUGEN Mann, um alles, was bekannt ist, aufzuklären. Vielleicht kann man ihm ja doch noch ein bisschen was anhängen um nicht ganz verblödet da zu stehen!

    Die Sicherheits Hysterie in diesem Land muss endlich aufhören. Wir befinden uns schon längst in einem Zustand der Hexenjagd (heute werden die Hexen als Terroristen bezeichnet) bei dem die Rechte des einzelnen mit den Füssen getreten werden.

    Hört endlich auf, Millionen von unschuldigen wie Verbrecher zu behandeln, achtet endlich die Menschen- und Bürgerrechte!

    Mit Sicherheit hat das was ihr tut, längst nichts mehr zu tun.

  • RD
    Richard Detzer

    "Unbekannter Verdächtiger" weiß nicht, was er alles angerichtet hat. Wir sollten uns an der Stelle über unterqualifizierte Medien unterhalten, die auch nicht wissen, was sie alles angerichtet haben. Über die Regierung denken wir dann als nächstes nach.

  • A
    arribert

    Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten:

    Der Mann hatte wirklich keine Ahnung, dann ist alles in Ordnung.

    Die andere Möglichkeit:

    Der Mann ist einfach extrem abgebrüht. Dann nimmt er in aller Seelenruhe seinen Laptop und geht mit ihm aus dem Sicherheitsbereich, entsorgt den Sprengstoffakku. In seiner Tasche hatte er vielleicht noch einen echten Akku und geht ganz einfach noch einmal durch, um seinen Flieger zu nehmen.

  • AS
    Andreas Spector

    Völlig unglaublich -- bin gespannt, was als Nächstes in den Nachrichten kommt. Pünktlich zu dieser Meldung des völlig mischuggenen "Terminal-Räumens" kam ja, dass sich ausgerechnet am gleichen Tag Herr O*** zu dem "misslungenen Anschlag" von vor vier Wochen geäußert hat.

     

    Wo doch selbst ein völlig unverdächtiger Bayer mit bar bezahltem One-Way-Ticket nur nach höchstnotpeinlichen Kontrollen einchecken kann, wenn überhaupt ... Aber nee, das war ja nur ein Nigerianer, dessen Papa ihn schon den Diensten gemeldet hatte ...

     

    Ach, wer's glaubt, wird selig ;-)

  • V
    vic

    Mist aber auch. hat sich nicht schon Bin Laden zu dem "Anschlagsversuch" bekannt?

    ...so geht das, wenn man Sicherheitssysteme installiert, die jeden der nicht aussieht wie Pofalla als Terrorist klassifizieren...

  • E
    Eser

    "Jedes Detail des Ablaufs werde auf Verbesserungsmöglichkeiten geprüft."

     

    Jaja verschwendet ruhig eure Zeit und euer Geld für so n hysterischen Schwachsinn. Allein: Sprengstoffspuren im Laptop... Seit wann hat man in den afghanischen Höhlen WLan?

    Sprengstoffspuren im Laptop... das ist Realsatire auf höchstem Niveau, auf sowas muss n politischer Kabarettist erstmal kommen.

    Was gabs denn? Terrorgefahr, weil n Laptop explodieren könnte? Beruhigt euch.... Leute Leute.... Und die Taz muss so n Schwachsinn auch noch abdrucken... habt ihr keine Nachrichten mehr? Berichtet über die Toten und das Elend in Afghanistan, oder in Nigeria, ganz groß, jeden Tag auf die Titelseite!

     

    Sprengstoffspuren im Laptop... Das ist der Beweis, dass wir es wirklich verdient haben, echten Sprengstoff in unsre Hintern gesteckt zu kriegen. Fett und Dumm, besser kann man es nicht beschreiben.

  • T
    the_dude

    Ich lach mich schlapp!

    Wieder ein Beweis für die Sinnlosikeit des Sicherheitswahns im Flugverkehr.

    Jetzt fehlt nurnoch ein Bombenattentat, das die Sicherheitskontrollen wiederholt als nutzlos entlarft.

    Da müssen schnell die "Nackstcanner", die sind ja bekanntlich extremst effektiv!