Spreeufer: Und noch ein Privatgrundstück
Ein Mediaspree-Grundstück wurde am Freitag für 2,6 Millionen Euro versteigert. Ehemaliger Eigentümer: der Bund. Vor der Tür demonstrieren Aktivisten gegen die Privatisierung.
Es war eine schnelle Auktion. Ein kurzes Hochbieten vom Mindestgebot von 2,5 Millionen Euro auf 2,6 Millionen. Nun gehört das Grundstück in der Köpenicker Straße 50-52 nicht mehr der GESA, einer Tochtergesellschaft des Bundes, sondern einem Investor.
Das Gelände, auf dem eine ehemalige Seifenfabrik steht, ist ein weiterer Mosaikstein im umstrittenen Bauprojekt namens Mediaspree. Dessen Inhalt: Das Spreeufer zwischen Kreuzberg, Friedrichshain und einer Ecke von Mitte soll mit Luxuswohnungen, Hotels und Bürogebäuden bebaut werden. Daher bleibt die Auktion nicht unbeobachtet: Im Saal befinden sich Aktivisten der Initiative "Mediaspree entern", vor der Tür des Auktionsortes findet eine Kundgebung mit einem Dutzend Teilnehmern statt. An eine Baustellenabgrenzung haben sie ein Transparent mit der Aufschrift "Privatisierung stoppen, Investoren einseifen" gehängt. Und doch wissen sie, dass ihr Protest hier höchstens Symbolwert hat. "Wir wollen den Investoren zeigen, dass wir sie beobachten", sagt Florian von der Initiative "Mediaspree entern". "Sie sollen nicht glauben, dass sie hier ein leichtes Spiel haben."
"Der Bereich zwischen Köpenicker Straße und Spree wird weiter an Bedeutung gewinnen, vor allem wenn es gelingt, neben dem Deutschen Architektenzentrum, dem Spree-Carree und der Verdi-Zentrale an der Schillingbrücke weitere lukrative Wassergrundstücke zu entwickeln." So preist die Deutsche Grundstücksauktionen AG das Grundstück in einem Prospekt an. Mit dieser Formulierung macht sie sich mal eben zum Gegner der Initiativen vor Ort, die genau das verhindern wollen.
"Was nicht in der Beschreibung steht, sind wir", sagt Florian. Und damit meint er: Menschen, die weder Luxuswohnungen, noch Hotels am Spreeufer wollen, sondern soziale Einrichtungen, kleine Bars und Clubs oder Freifläche. Die Aktivisten kritisieren auch, dass das Gelände einfach an den Meistbietenden versteigert wird, statt alternative Vergabearten zu prüfen. Und dass mit der Versteigerung eines Grundstücks in Bundeseigentum an einen privaten Investor die Chance für eine gemeinsame, unkommerzielle Planung über Bezirksgrenzen hinaus vertan wird.
Auch die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg kritisieren die Versteigerung und die damit einhergehende Privatisierung des Geländes - auch wenn sich der Grüne Bezirksbürgermeister Franz Schulz selbst schwer tut mit der Umsetzung eines Bürgerentscheides, der sich gegen Mediaspree richtet. Seine Fraktionskollegin Antje Kapek fordert, den Bürgerentscheid auch in Bezirken, in denen er formal nicht gilt, ernst zu nehmen.
Die "Mediaspree-entern"-Aktivisten wollen sich auf die Politik nicht verlassen. Sie haben schon die nächsten Proteste angekündigt: spätestens dann, wenn auf dem versteigerten Grundstück Bau- oder Abrissarbeiten beginnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte