piwik no script img

SpreeuferIgnorierter Bürgerwille

Zum Jahrestag des erfolgreichen Bürgerentscheids ziehen die Mediaspree-Gegner wieder durch Friedrichshain-Kreuzberg. Sie monieren auch den vom Senat geplanten Uferweg.

Ehemalige "Bar 25" am Spreeufer. Bild: dpa

Der Kampf gegen das Mediaspree-Projekt geht in die nächste Runde. Am Samstag zieht die Bürgerinitiative „Mediaspree versenken“ mit einem Demonstrationszug unter dem Motto „Spreeufer für alle“ durch Kreuzberg-Friedrichshain und Treptow. Vor genau vier Jahren war der Bürgerentscheid der Mediaspree-Gegner erfolgreich. Damals stimmten knapp 90 Prozent der Bürger gegen das Investorenprojekt Mediaspree, das eine Ansiedlung von Medien- und Kommunikationsunternehmen am Fluss vorgesehen hatte. Der Erfolg der Mediaspree-Gegner ist seitdem mäßig, viele ihrer Forderungen werden von der Politik ignoriert.

Der Protest hat sich inzwischen ausgeweitet. In diesem Jahr soll es vor allem gegen den „Ausverkauf der Stadt an Besserverdienende“ gehen, wie die Bürgerinitiative mitteilte. Wer sich die steigenden Mieten nicht leisten könne, werde verdrängt. „Die Bürger werden zwangsumgesiedelt, das ist pure Gewalt“, sagte Aktivist Robert Muschinski. Er fordert, dass der Senat soziale und ökologische Aspekte in der Stadtentwicklung stärker berücksichtigt. An der Demonstration beteiligen sich zahlreiche Kiezinitiativen. Die Veranstalter rechnen mit mehreren tausend Teilnehmern. Der Demonstrationszug startet um 14 Uhr am U-Bahnhof Warschauer Straße. Die Route endet nach sieben Kundgebungen am Schlesischen Tor.

Missachtung des Bürgerentscheids

Der Protest richtet sich auch gegen eine Promenade am Kreuzberger Spreeufer, die der Senat bauen will. Der drei Kilometer lange Uferweg soll von der Jannowitzbrücke bis zur Lohmühlen-Insel verlaufen und 5 bis 20 Meter breit sein. Die Mediaspree-Gegner sehen diese Ausmaße als eine Missachtung des Bürgerentscheids von 2008. Damals stimmten die Bürger für einen mindestens 50 Meter breiten, öffentlichen Uferzugang.

Dem Kreuzberger Bezirksbürgermeister Frank Schulz (Grüne) zufolge ist die Breite hingegen ausreichend. Er verweist auf das Zapf-Gelände und den Park der Lohmühlen-Insel, wo der Abstand eingehalten werde. Derzeit stockt das Projekt. Der Bezirk hatte mit einer Mittelbewilligung Anfang Juli und einem Baubeginn im Herbst dieses Jahres gerechnet. Seit Herbst 2011 werden die Pläne für die Promenade bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geprüft. Eine Sprecherin sagte, man befinde sich in den „allerletzten Abstimmungen“. Im Bezirk rechnet man aber nicht mehr mit einem Baubeginn vor Frühling 2013. Das Büro des Bezirksbürgermeisters gab dazu keine Stellungnahme ab.

LAURENCE THIO, KONRAD LITSCHKO

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • HH
    Holger Hausmann

    Frage mich, ob das Wesen des Bürgerentscheids tatsächlich so schwer zu verstehen ist. Es haben nicht 90% der Bürger sich für Mediaspree ausgesprochen, sondern 90% derjenigen, die zur Wahl gegangen sind. Daraus einen Mehrheitswillen zu konstruieren, ist lächerlich. Zumal der Entscheidung durch eine massive Mehrheitskampagne in erster Linie kommerziell Interessierter begleitet wurde - Bar25, das Schiffhostel, Kiki Blofeld (legendär - hier wurde sogar Eintritt verlangt für eine Mediaspree-Veranstaltung), Maria. Halt alt diejenigen, die gerne auch weiterhin zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz vom Aussehen, Alter oder sonstigen willkürlichen Eigenschaften den Spreezugang gegen Geld anbieten möchten, um sich dabei eine goldene Nase zu verdienen. Davon ist aber komischerweise in der taz nie die Rede.

  • E
    egal

    An Demokratur:Warum bist du so abgefrustet gegenüber denjenigen Leuten,die was dagegen machen? Deine persönlichen negativen Erfahrungen, die du damit gemacht hast,und die sicherlich auch real gewesen sein mögen, kannst du nicht verallgemeinern und deshalb die'Linken-bashing-Keule'hervor holen.Das benutzen des Begriffes ' DDR-Volkskammer 'zeigt, dass deine Denke nämlich auch in stereotypischen Bildern abläuft.Dass du dann so grundsätzlich nicht mit (den) Leuten klar kommst, ist doch kein Wunder.

  • D
    Demokratur

    "Damals stimmten knapp 90 Prozent der Bürger gegen das Investorenprojekt Mediaspree...".

     

    Hahaha. Demokratie für ausgewählte Bürger. Das war keine Volksabstimmung. Das warb eine Hausveranstaltung für Linksalternative. Den Tempelhofer Flughafen hat man auch nicht in Tempelhof abgestimmt. Was will man aber von Linken erwarten? Demoktratie? Wohl kaum. Abstimmungen wie in der DDR-Volkskammer und anschließendes Pochen auf "Demokratie" und den Willen "des Volkes". Nannte man früher den "Willen der Werktätigen". Die Worte ändern sich, die Einstellung nicht. Übrigens: Ich finde Mediaspree einen totalen Schwachsinn und eine Stadtverschandelung. Ordentliche Gegnvorschläge wird man von den jetzigen Gegnern nicht bekommen. Da kommt nur geschwätz und jede andere Initiative jat das problem, daß sofort die ganzen Spinner dastehen und anfangen den Ton anzugeben.