: Sprachrohr der außerparlamentarischen Opposition
Für einen grundlegenden Politikwechsel tritt ein linkes Wahlbündnis aus Ex-Grünen und PDS bei der Hamburger Bürgerschaftswahl ein
hamburg taz ■ So geschlossen war Hamburgs Linke noch nie. Unter dem Mantel „Regenbogen“ fordert eine breites buntes Bündnis den „grundlegenden Politikwechsel“ in der Hansestadt. Die griffige Formel, auf die ehemalige Grüne, die Postsozialisten von der PDS, versprengte DKPler, Alternative Sozialisten, ein paar linke Gewerkschafter und der Sprecher des vom Rechts-Senat aus der Stadt getriebenen Bauwagenplatzes Bambule sich verständigt haben, ist prägnant: „Lieber links gewählt als von Rechts gequält“.
Als „Sprachrohr der außerparlamentarischen Opposition“ versteht sich das Bündnis. Denn die Grünen oder gar ein rot-grüner Senat sei, so die Definition des kleinsten gemeinsamen Nenners, „keine strukturelle Alternative“ zu Schwarz-Schill, wie Spitzenkandidatin Heike Sudmann weiß. Sechs Jahre lang saß die 41-jährige Stadtplanerin für die Grün-Alternative Liste (GAL) in der Hamburger Bürgerschaft, war zeitweilig gar stellvertretende Fraktionschefin – bis zur grünen Billigung des militärischen Eingreifens im Kosovo-Krieg im April 1999.
Mit vier weiteren Abgeordneten verließ Sudmann die Grünen und machte zweieinhalb Jahre Opposition gegen den damaligen rot-grünen Senat. Bis der Sieg der Rechts-Koalition aus CDU, Schill und FDP im September 2001 SPD und GAL auf die Oppositionsbänke schickte und den Regenbogen aus dem Rathaus. Für 1,7 Prozent langte es seinerzeit – und den zweifelhaften Ruhm, Hamburgs größte Splitterpartei zu sein.
Das wird der Regenbogen trotz der im Januar erfolgten Bündelung aller Gruppierungen links von den Grünen wohl auch diesmal werden. Immerhin zwei bis zweieinhalb Prozent sagen Demoskopen der Wählervereinigung voraus, das Potenzial liege aber „bei zehn Prozent“, glaubt Sudmann, „wenn alle uns wählen würden, die finden, dass wir Recht haben“.
Es sei vor allem eine „psychologische Hürde“ zu überwinden, der irrige Glaube nämlich, eine Stimme für den Regenbogen wäre verschenkt und würde im Zweifel Rot-Grün zur Ablösung von CDU-Bürgermeister Ole von Beust fehlen. Eine Betrachtungsweise, die Regierungsoberinspektorin Sudmann, die als Gleichstellungsbeauftragte in der Schulbehörde arbeitet, nicht teilt: „Wir hindern SPD und Grüne nicht daran, eine bessere Politik zu machen.“ Die selbst wollten das gar nicht, „neoliberal“ wie sie seien: Hartz-Reformen und Schröders Agenda in Berlin, das unerbittliche Sparen des Hamburger Senats bei Frauen, Kindern und sozial Schwachen – „wo“, fragt Sudmann, „ist da der qualitative Unterschied?“
Und deshalb sieht der Regenbogen sich zuvörderst als Stimme gegen den Sozialkahlschlag: „Wir sollen bluten“, heißt es in der achtseitigen Wahlplattform, „die Reichen feiern“, und um genau das zu ändern, sei eine „linke Kraft gegen Frust und Resignation nötiger denn je“, wie Sudmanns Mitstreiter Norbert Hackbusch es ausdrückt. Nicht in erster Linie, um zu regieren, denn „glänzend“ seien die Chancen am Sonntag „vielleicht nicht“. Eben das aber sei kein Grund zum Aufgeben, findet der 49-jährige Dokumentar im Verlag Gruner + Jahr: „Nur wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
sven-michael veit