: Sprachlosigkeit in Wuppertal
Die Kritik des Rechnungshofs an der Sanierung der Wuppertaler Schwebebahn lässt die Stadtwerke ungerührt. Im Streit um Fördermillionen haben die Akteure bis zum Herbst Stillschweigen vereinbart
VON KLAUS JANSEN
Einen Tag nach Bericht des Landesrechnungshofes herrscht in Wuppertal großes Schweigen. „Rückkehr zur Sachlichkeit“, heißt die offizielle Sprachregelung zwischen der Bezirksregierung Düsseldorf und den Wuppertaler Stadtwerken (WSW), die seit Monaten darüber streiten, ob das Land die Mehrkosten für die Sanierung der Wuppertaler Schwebebahn übernehmen soll, die von 225 Millionen Euro auf rund 400 Millionen Euro gestiegen waren.
Das Urteil der Rechnungsprüfer in diesem Punkt ist eindeutig: „Die WSW haben keinerlei Rechtsanspruch darauf, dass das Land die Mehrkosten übernimmt“, sagt Rechnungshofpräsidentin Ute Scholle. Das Finanzchaos hätten die WSW selbst verschuldet.
Auf neun Seiten haben die Rechnungsprüfer gravierende Verfehlungen der WSW aufgelistet, von schlechter Planung und Kalkulationsfehlern über mangelhafte Informationspolitik bis hin zu Vergaberechtsverstößen. Die Entscheidung darüber, ob die WSW fest eingeplante 120 Millionen Euro Fördermittel bekommen, fällt im Herbst – vermutlich erst nach der Kommunalwahl. Erst dann wird Düsseldorfs Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) nach interner Prüfung und Eingang des Schlussberichts der Rechnungsprüfer entscheiden, ob die WSW das Geld bekommen oder ob sie selbst zahlen müssen. Bis zu 100 Millionen Euro, die die WSW offenbar nicht korrekt verwendet haben, könnte Büssows Behörde zurückfordern.
Die WSW zeigen sich vom Bericht der Rechnungsprüfer bislang ungerührt. Die Bewertung sei nicht abschließend, außerdem sei die Bezirksregierung nicht an die Feststellung der Behörde gebunden, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung des Vorstandes. Inhaltlich setzt man sich öffentlich nicht mit der Kritik auseinander: „In vertraulichen Gesprächen mit der Bezirksregierung haben wir aber schon viele Vorwürfe entkräften können“, sagt WSW-Sprecher Michael Malicke. Welche konkreten Punkte dies sind, vermochte er allerdings nicht zu sagen.
Auch Wuppertals Oberbürgermeister und WSW-Aufsichtsratschef Hans Kremendahl (SPD) schweigt sich zum Bericht des Landesrechnungshofs aus, nachdem NRW-Staatskanzleichef Wolfram Kuschke (SPD) ihn und Büssow vor Wochen dazu aufgefordert hatte, sich nicht weiter öffentlich anzugehen. Allerdings: Die Ankündigung der Wuppertaler, die 120 Millionen Euro im Notfall per Klage von Landes- und Bezirksregierung einzufordern, steht weiter im Raum. Aus dem Rathaus heißt es mittlerweile aber relativierend, dass dies momentan lediglich eine „theoretische Option“ sei.
Auch die Bezirksregierung hat sich bis Ende September offiziell einen Maulkorb verpasst. Versöhnliche Töne in Richtung Wuppertal gibt es dennoch: „Der Entscheid des Landesrechnungshofs ist für uns sehr wohl relevant. Aber das Förderverfahren ist unsere Sache“, sagt Sprecher Bernhard Hamacher.
Ignorieren kann die Bezirksregierung die Rechnungsprüfer allerdings nicht. Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) hatte kürzlich auf die „große wirtschaftliche Dimension“ der Prüfung hingewiesen und angemahnt, dass die Bezirksregierung diese „strikt beachten“ solle. „Wir werden als Fachaufsicht genau prüfen, was die Bezirksregierung macht“, kündigt Ministeriumssprecher Lothar Wittenberg an.
Eine genaue Prüfung tut not, denn die Opposition im Landtag ist dabei, das Thema für den Wahlkampf zu entdecken. Die Wuppertaler Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Landesgeld seien ein Beispiel rot-grüner „Schlampigkeit im Umgang mit Steuermitteln“, kritisiert FDP-Fraktionschef Ingo Wolf.
Und der CDU-Abgeordnete Michael Breuer fordert von Verkehrsminister Axel Horstmann die Beantwortung eines 32-Punkte-starken Fragenkatalogs noch vor der Sommerpause. Wuppertals Schwebebahn könnte also nicht nur im Kommunal-, sondern auch im kommenden Landtagswahlkampf bedeutsam werden.