Sportplatz: Autoritärer Trainer der alten Schule träumt von der Champions League
HANDBALL Es geht bergauf: Hinter Magdeburg sind die Füchse Berlin das zweitbeste Team der Rückrunde. Dafür gibt es vor allem einen Grund: Im Dezember hatte Velimir Petković den Trainerjob übernommen.
Es weht ein ganz anderer Wind bei den Berliner Handballern, seitdem Velimir Petković an der Außenlinie der Füchse steht. War sein Vorgänger, Erlingur Richardsson, eher ein ruhiger Vertreter der Trainerzunft, gehört der Bosnier Petković eher zur Kategorie „brodelnder Vulkan“. Lautstark und engagiert geht der 60-Jährige in Training und Spiel zu Werke. Aber sein Weg scheint der richtige zu sein. Denn seitdem er im Dezember den Trainerjob übernommen hat, haben die Berliner nur ein Spiel verloren. Hinter Magdeburg sind die Füchse das zweitbeste Team der Rückrunde.
„Seit dem Trainerwechsel haben wir einen positiven Trend, weil wir uns stabilisiert haben“, findet Manager Bob Hanning. Aus dem zuweilen fragilen Füchse-Team hat Petković eine robuste Einheit geformt. „Es ist wieder Struktur im Spiel“, ergänzt Hanning. Unter Richardsson machten sich Gerüchte breit, dass einige Spieler dem Trainer auf der Nase herumtanzten. Deshalb griff Hanning durch und verpflichtete mit Petković einen autoritären Trainer der alten Schule. „Coach kommt ja von Kutscher. Und der sitzt auf dem Bock und hält die Zügel in der Hand. Das macht Petković bei uns“, lobt Hanning.Stellvertretend für die Entwicklung der Füchse steht Petar Nenadić. Glänzte der Spielmacher in der Vergangenheit oft mit übertriebenen Einzelaktionen, stellte sich der Serbe zuletzt mehr und mehr in den Dienst der Mannschaft. „Er spielt Pässe, kreuzt für andere und setzt seine Mitspieler ein“, so Trainer Velimir Petković.
Zu oft verzettelt
In der Vergangenheit hatte sich Nenadić, Bundesliga-Torschützenkönig der letzten Saison, zu oft mit Ego-Trips verzettelt. An guten Tagen funktionierte es, an schlechten nicht. Das Offensivspiel der Füchse stand und fiel mit ihm. Mittlerweile sucht der 30-Jährige nicht mehr zwangsläufig selbst den Torabschluss. „Das, was Nenadić jetzt macht, war mein Ziel. Er ist ein überragender Spieler und wird noch besser“, so Petković.
Mit dem sportlichen Höhenflug dürfen die Füchse als derzeit Viertplatzierter sogar noch von der Champions League träumen. „Und die ist unser Ziel“, verkündet Nationalspieler Fabian Wiede.
Erst zweimal, zwischen 2011 und 2013, durften die Berliner an der Königsklasse teilnehmen. Momentan liegen sie nur einen Punkt hinter dem Dritten, THW Kiel. Dieser Platz reichte in den letzten Jahren meist zur Qualifikation für die Champions League. „Sollte Kiel noch schwächeln, werden wir es versuchen. Die zittern vielleicht schon ein wenig“, sagt ein schmunzelnder Trainer Velimir Petković. Sein Manager ist allerdings weniger optimistisch. Er freut sich zwar auch über die Möglichkeit, räumt für das Erreichen des dritten Platzes aber lediglich 10 Prozent Wahrscheinlichkeit ein. Immerhin gibt es in den verbleibenden sieben Ligaspielen noch das direkte Duell mit den Norddeutschen.
Im Spielstress
Neben den Chancen in der Liga stehen die Füchse auch im EHF-Pokal – entspricht im Fußball der Europa League – kurz vor dem Einzug ins Final-Four-Turnier. Am Sonnabend geht es daheim gegen den ungarischen Vertreter Tatabánya KC. Das Hinspiel am letzten Wochenende hatten die Berliner 30:25 in Ungarn gewonnen. Die Füchse sind momentan etwas im Spielstress, denn zuvor müssen sie am heutigen Mittwoch noch in der Bundesliga ran. Die Füchse empfangen den TSV Hannover-Burgdorf (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle).
Um den Traum von der Champions League zu erhalten, darf man sich keine Ausrutscher mehr erlauben. „Wenn wir noch ein Endspiel gegen Kiel haben wollen, müssen wir gewinnen“, fordert Hanning. Der Manager traut dem derzeitigen Höhenflug seiner Füchse noch nicht so ganz, hat ein wenig Angst, dass der Tabellenzehnte unterschätzt wird. „Das Verlangen, Roulette zu spielen, haben wir ja immer mal wieder.“ Nicolas Sowa
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