Sport: Echter Hallenwettkampf
Es ist absehbar, dass die Basketballer von Alba ab Herbst in der privaten O2-Arena spielen. Der Max-Schmeling-Halle wird eine Attraktion fehlen und viel Geld. Diese Verluste müsste wohl das Land zahlen.
"Die Zeit drängt", gesteht Marco Baldi, der Geschäftsführer von Alba Berlin. Spätestens in drei Wochen müsse man sich entschieden haben, ob der deutsche Basketballmeister die Schmeling-Halle verlasse und in die im Herbst fertige O2-Arena am Ostbahnhof umziehe. Mitte September beginnt nämlich für das Team die Saison. Noch stehe man aber in Verhandlungen mit der Anschutz Entertainment Group, den Besitzern der neuen High-Tech-Halle.
Das ist jedoch schon lange so. Anschutz-Sprecher Moritz Hillebrand erzählt, er antworte bereits seit Februar auf die Frage, wann er mit einer Entscheidung rechne: "Any minute." Über den Einzug von Alba würde man sich sehr freuen. Der Verein sei eine internationale Größe, der Planungssicherheit garantiere, erklärt Hillebrand. Eigentlich gehe es nur noch um Details. Das sagt auch Baldi. Wobei er bemerkt: "Der Teufel liegt im Detail."
Viele Außenstehende glauben, dass trotz alledem die Weichen gestellt sind. "Alba zieht weg, das ist doch klar", sagt etwa Bob Hanning, der Geschäftsführer der Füchse Berlin. Er ist überzeugt davon, dass sein Handballteam ab Herbst alleiniger sogenannter Ankermieter der Max-Schmeling-Halle sein wird.
Nur der Besitzer der Halle, das Land Berlin, gibt sich arglos. "Dem Senat sind konkrete Umzugspläne bisher nicht mitgeteilt worden", heißt es in einer Antwort aus dem Büro von Thomas Härtel, dem Staatssekretär für Sport. Und auf die Frage, was der Senat bislang getan hätte, um Alba zum Bleiben zu bewegen, schreibt man: "Mit Alba werden Gespräche stattfinden, in denen das Land die sehr guten Rahmenbedingungen für einen Verbleib in der Halle erläutern wird." Während Alba und Anschutz an den letzten Details feilen, will der Senat erstmals über Grundsätzliches sprechen. Mit dieser Behäbigkeit gleicht die Politik einer Feuerwehr, die zu Fuß zum Brandherd spaziert. Und um im Bild zu bleiben: Den Brand hat das Land selbst gelegt.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) besuchte den Milliardär Philip Anschutz seinerzeit sogar in den USA, damit jener seine Arena für 17.000 Menschen in Berlin baut. Und Härtel frohlockte damals: "Das Schöne ist ja, dass hier jemand ohne öffentliche Mittel ein Projekt starten will." Die landeseigenen Arenen, die Schmeling-Halle und das Velodrom, in die beide jeweils gut 10.000 Zuschauer passen, muss der Senat dagegen jährlich mit mehr als 6 Millionen Euro alimentieren. Sie wurden im Rahmen der Olympiabewerbung 2000 errichtet und nach ihrem Scheitern um das Prinzip der Multifunktionalität erweitert.
Die Frage ist nun, ob nach einem Auszug von Alba, dem prominentesten Mieter, Berlin seine Subventionen nicht noch deutlich erhöhen muss. Zwar spart das Land bei einem Umzug der Basketballer, zumindest auf den ersten Blick. Bislang hat der Senat nämlich den Spielbetrieb von Alba in Prenzlauer Berg finanziell gefördert, da der Verein für eine regelmäßige und gute Auslastung der Halle sorgte. Für die Basketballpartien erhielt die Betreibergesellschaft Velomax jährlich Gelder in sechsstelliger Höhe. Weil Alba aber ebenfalls noch einen hohen sechsstelligen Betrag drauflegte, bleibt unklar, wie Velomax diesen finanziellen Verlust auffangen würde. In letzter Konsequenz müsste dies wiederum der Besitzer, das Land Berlin, ausbaden.
Velomax-Sprecher Gunther Thiele sagt, solche Horrorszenarien seien ihm zu spekulativ. Er redet sich den möglichen Abgang von Alba schön. Dadurch gewänne man Flexibilität, bislang hätte man viele Termine für Alba blocken müssen. Nun hofft er, die Lücken mit mehr Rock- und Popkonzerten zu füllen.
"Vielleicht belebt die neue Konkurrenz durch die O2-Arena den Veranstaltungsmarkt", sagt Thiele. Das hört sich allerdings noch spekulativer an als die fiktiven Verlustrechnungen. Und auch der Verweis von Thiele auf ein nach wie vor attraktives Sportprogramm im Herbst kann nicht wirklich überzeugen. Eine Tanz- und Turnveranstaltung sowie die Berlin Masters in der Rhythmischen Sportgymnastik - damit macht man gewiss keine großen Geschäfte. Für den Eröffnungstag von letzterem Event liegen die Eintrittspreise zwischen 7 und 11,50 Euro.
Die Vermarktungsmöglichkeiten der O2-Arena sind mit ihren 59 VIP-Logen ungleich größer. "Wenn man wie Alba unter die Top 20 in Europa kommen möchte, muss man alle Geldquellen ausschöpfen", sagt Albas Geschäftsführer Baldi. In den Verhandlungen mit Anschutz kämpft er derzeit vor allem um die Identitätswahrung des Vereins. Man möchte die Vermarktungsgeschäfte nicht komplett in fremde Hände geben.
Auch der Noch-Schmeling-Mieter Füchse-Manager Hanning schwärmt von den Möglichkeiten der O2-Arena. Er sagt, er könne sich vorstellen, dort künftig die Spitzenspiele auszutragen. Dies illustriert, wie wohl künftig die großen Events unter Berlins Hallen aufgeteilt werden. Die Rosinen kann sich die O2-Arena herauspicken. Die anderen kämpfen mit dem, was übrig bleibt, noch härter ums Überleben als bisher.
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