Sport: Toleranz und Spiele
Seit fünf Jahren finden die "Respect Gaymes" gegen Homophobie statt. Eine Erfolgsstory, so die Veranstalter. Doch viele Fußballclubs zeigen sich reserviert.
Die Veranstalter sind froh, dass Maradona da ist. Zum fünfjährigen Jubiläum der Respect Gaymes hat man sich etwas Besonderes einfallen lassen. Der Fußball stand bislang hier stets im Mittelpunkt, immer unter dem Motto: "Zeig Respekt für Schwule und Lesben." Das war auch am Samstag im Jahnsportpark im Prenzlauer Berg so. Aber dieses Mal führte man nebenbei erstmals einen "Breakdance Battle" durch - und konnte dafür die ganz Großen der Szene gewinnen. Maradona Akkouch, den 15-jährigen deutschen Vize-Meister eben, der einigen auch als Hauptdarsteller des bei der Berlinale preisgekrönten Dokumentationsfilms "Neukölln Unlimited" bekannt sein dürfte. Oder Lil-B, einen ehemaligen Weltmeister.
"Damit haben wir uns ganz bewusst einen Zugang zu einer neuen Community geschaffen", freute sich Jörg Steinert, der Geschäftsführer des Lesben und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg (LSVD). Unter Breakdancern seien homophobe Einstellungen durchaus verbreitet. Das läge auch daran, dass dort viele junge Menschen mit Migrationshintergrund aktiv wären. Wenn sich nun solch prominenten Figuren bei den Respect Gaymes präsentieren, hätte das auch Auswirkungen auf die Szene.
Die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Beziehungen gerade unter den zugewanderten Teilen der Berliner Bevölkerung zu stärken, das gehört seit Bestehen der Gaymes zu den Hauptanliegen des LSVD, dem Veranstalter. Der Fußball dient als Vehikel, um auch aus diesen Kreisen möglichst viele Menschen zu erreichen. Und Steinert bilanziert zufrieden: "Anfangs hatten wir noch Probleme, das Turnier voll zu bekommen. Mittlerweile müssen wir bereits einigen absagen." Aus allen Bezirken seien Fußballbegeisterte gekommen.
Steinert bekennt jedoch freimütig: "Sie kommen, um ihren Sport zu machen." Und so mancher bleibt vom Geist der Veranstaltung unberührt. Am Stand der Faninitiative von Tennis Borussia Berlin erinnert man sich, dass vor ein oder zwei Jahren gar ein Team wegen homophober Beschimpfungen ausgeschlossen werden musste.
Die Brückenbauer - also prominente und anerkannte Respect Gaymes-Botschafter aus dem Bereich des Sports - hat der LSVD bislang oft nur mit Mühe auftreiben können. Den Profiboxer Oktay Urkal etwa oder den Fußballer Erkut Ergiligür von Türkiyemspor Berlin. Beide distanzierten sich danach von ihrem Engagement - wegen massiver Anfeindungen aus ihrem Umfeld.
Auf Reserviertheit treffen die Respect Gaymes-Organisatoren indes nicht nur in migrantischen Kreisen. Vergeblich habe man sich seit Jahren bei Hertha BSC um einen Profifußballer als Botschafter bemüht, berichtet Steinert. Selbstkritisch räumt er ein, dass man bei den Profifußballern die Kontaktsuche künftig verstärken müsse. Christian Beeck, der Manager von Union Berlin, hätte immerhin bereits eine "halbe Zusage" für eine künftige Zusammenarbeit gemacht. Wenn sich kein einzelner zur Verfügung stelle, könne man ja mit einem Teamfoto für die Respect Gaymes werben, hofft Steinert.
Etwa 600 Freizeitsportler wetteifern am Samstag bei den Spielen. Das sind deutlich mehr als im Publikum sitzen, das sich großzügig zwischen Sportplätzen, Infoständen und Showbühne verteilt. Matthias Steuckard, der den Stand der CDU-Vereinigung "Lesben und Schwule in der Union" (LSU) bereits seit fünf Jahren bei den Respect Gaymes betreut, bedauert, dass kaum Laufkundschaft da ist. Der Jahnsportpark liegt inmitten eines Wohngebiets. Zudem stellt er rückblickend fest, dass im Laufe der Jahre das reine Sportereignis immer mehr an Gewicht gewonnen habe: "Es fehlt allgemein etwas der Wille, politisch noch etwas zu bewegen."
In den ersten Jahren seien noch mehr Vertreter der schwul-lesbischen Community bei den Respect Gaymes gewesen. Man sei etwas träger geworden, weil vieles schon erreicht worden sei. Steuckardt wünscht sich wieder mehr Impulse. Man könne doch die Respect Gaymes nach Neukölln verlegen - an einen Ort also, wo es für die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Beziehungen noch mehr zu tun gebe als in Prenzlauer Berg.
Jörg Steinert vom LSVD sagt, dass man in diesen Bezirken lieber kleine Projekte durchführe, die man besser kontrollieren könne. Die Erfahrung habe gezeigt, dass ab einer gewissen Teilnehmerzahl Probleme dort schnell eskalieren können. Das hätte auch mit der allgemeinen Gewaltbereitschaft in Problembezirken zu tun. Respect Gaymes wird es dort also weiterhin nur in homöopathischen Dosen geben. Zumal es in Neukölln etwa, so Steinert, auch an einem ausreichend großen Platz fehle.
Von wegen also "Unlimited Neukölln". Wobei dort Maradona, der jüngste Protagonist des Kinostreifens, gewiss noch besser als Botschafter gegen Homophobie zur Geltung käme.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs