Spitzentreffen zum Fiskalpakt: Jetzt alle am Steuern
Die Kanzlerin kann frohlocken: Zwar wurde die Entscheidung über den Fiskalpakt noch einmal vertagt, aber bei relevanten Punkten zeichnen sich Übereinstimmungen ab.
BERLIN taz | Volker Kauder klang fast euphorisch, als er sich für ein Statement vor die Mikrofonphalanx der Reporter vor dem Kanzleramt stellte. Ein „sehr gutes Gespräch“ sei das mit der Opposition gewesen, lobte der hartgesottene Unions-Fraktionschef, mehr noch, man sei auf einem „sehr guten Weg“. Kauder machte nach dem Spitzentreffen zu Fiskalpakt und Finanztransaktionssteuer mit den Partei- und Fraktionschefs der Opposition auffällig gute Stimmung.
Und tatsächlich, auch wenn SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier oder sein Grünen-Kollege Jürgen Trittin später skeptischere Töne anschlugen: Kauder und Kanzlerin Angela Merkel könnten zu Recht frohlocken. Die Spitzen von Koalition und Opposition haben bei ihrem gut zweistündigen Treffen zwar eine Einigung noch mal vertagt. Doch bei relevanten Punkten zeichnen sich immer mehr Übereinstimmungen ab.
Bei der Finanztransaktionssteuer hätten Union und FDP beteuert, zur Verabredung der vergangenen Woche zu stehen, sagte Steinmeier. Dass diese Verabredung angezweifelt würde, sei „offensichtlich ein Missverständnis“ gewesen. Damit spielte der Sozialdemokrat auf den Hickhack der vergangenen Tage an.
Misstrauen ausgeräumt
Die Verhandler hatten bereits bei ihrem letzten Gespräch vereinbart, dass sich die Regierung für eine Finanztransaktionssteuer auch in einem Teil der EU einsetzt. Danach soll bei An- und Verkäufen sämtlicher Finanzprodukte eine Minimalsteuer von 0,1 bzw. 0,01 Prozent fällig werden. Das würde vor allem Spekulanten treffen, die etwa Aktien häufig kaufen und verkaufen. Die FDP hatte sich bis zuletzt dagegen gewehrt. Am Wochenende lancierte der Spiegel eine Äußerung von Kanzleramtschef Ronald Pofalla, wonach eine Steuer in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werde. Daraufhin hatten sich Opposition und Koalition mit Verdächtigungen überzogen.
Dieses Misstrauen scheint nun ausgeräumt: Die Regierung habe zugesagt, bereits beim Ecofin-Treffen am 22. Juni Pflöcke für die Steuer einzusetzen, sagte Steinmeier. Mit dieser Vereinbarung hat die Opposition einen wichtigen Erfolg eingefahren.
Auch Trittin gab sich verhalten optimistisch. „Das Europa der Austerität geht zu Ende“, sagte er. Die Koalition habe Zugeständnisse bei der Umwidmung von EU-Strukturfondsmitteln und bei der Aufstockung des Kapitals der Europäischen Investitionsbank gemacht. Beides gehört zu Initiativen für mehr Wirtschaftswachstum, welche SPD und Grüne ebenfalls für ihr Ja zum Fiskalpakt fordern. Auch hier gibt es also Annäherungen – auch wenn Steinmeier betonte, diese lägen bisher vor allem „in den Überschriften“.
Bei einem dritten Punkt weicht die Front der Opposition auf: SPD und Grüne fordern einen Tilgungsfonds, in den alle EU-Staaten einen Teil ihrer Schulden überweisen sollen. Weil alle Staaten die Haftung übernähmen, sänken die Zinsen für Schuldenstaaten. Doch die SPD geht angesichts juristischer Probleme vorsichtig auf Distanz. Den Grünen ist der Fonds wichtiger. Merkel bleibe die Antwort schuldig, so Trittin, wie der Zinsdruck auf Länder wie Spanien gemildert werden könne.
Beide Seiten wollen zügig weiterreden: Donnerstag trifft Merkel die Ministerpräsidenten der Länder, auch soll ein Zeitplan für den Bundestag besprochen werden. Ein neues Spitzengespräch ist für den 21. Juni vereinbart.
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