Spionage durch den Verfassungsschutz: Linke bekommen mehr Spitzel
Weil die Gewaltbereitschaft in der linksextremen Szene steige, soll der Verfassungsschutz mehr "menschliche Quellen" einschleusen, so das Innenministerium.
![](https://taz.de/picture/274275/14/linke_mahnwache_dapd.20110324-16.jpg)
BERLIN taz | Die Affäre um den britischen Undercover-Ermittler Mark Kennedy ist noch nicht geklärt, da kündigt die Bundesregierung eine besondere Initiative an: Sie will mehr Spitzel als bisher in linke Gruppen schicken, um an Informationen zu kommen. Das geht aus einer noch nicht veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der taz vorliegt.
In der Antwort des Bundesinnenministeriums heißt es: Nach wie vor sei der Einsatz menschlicher Quellen eines der effektivsten nachrichtendienstlichen Mittel zur Informationsbeschaffung. "Ziel des Verfassungsschutzes ist es, (…) diese Form der Aufklärung im Bereich gewaltbereiter Linksextremismus zu verstärken." Hierzu gebe es ein beim Verfassungsschutz angesiedeltes Projekt mit dem Titel "Verstärkte Aufklärung der gewaltbereiten Szene durch menschliche Quellen". Ein Sprecher des Bundesamts für Verfassungsschutz wollte am Donnerstag gegenüber der taz keine näheren Angaben zu dem Projekt machen.
In den letzten Monaten waren wiederholt verdeckte Ermittler aus Polizeikreisen enttarnt worden, die gezielt die linke Szene in Deutschland ausgeforscht hatten. Dabei gerieten diese auch in den Verdacht, selbst an Straftaten beteiligt gewesen zu sein oder dazu angestachelt zu haben. Der prominenteste Fall war der des britischen Polizisten Mark Kennedy, der als Aktivist unter dem Namen "Mark Stone" über Jahre hinweg in Berlin und anderen deutschen Städten die linke Szene ausspionierte. Kennedy war unter anderem beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm aktiv an der polizeilichen Aufklärungsarbeit beteiligt gewesen. In Berlin war der britische Beamte beim Versuch einer Brandstiftung festgenommen worden.
Zwar hatte Mecklenburg-Vorpommerns Innenministerium bereits zugegeben, dass Kennedy während des G-8-Gipfels für die ostdeutschen Behörden aktiv gewesen war. Erst jetzt bestätigte die Landesregierung allerdings, dass für Kennedys Einsatz auch Geld geflossen ist. Auf eine parlamentarische Anfrage der Landtagsabgeordneten Barbara Borchardt (Linksfraktion) räumte das Schweriner Innenministerium jetzt ein, die Spesen für Kennedys Einsatz bezahlt zu haben. In der Antwort heißt es: "Der ausländischen Polizeibehörde wurden die einsatzbezogenen Aufwendungen (z. B. Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten) erstattet."
"Die Aufarbeitung des unter Parlamentariern im Deutschen Bundestag umstrittenen Falls steht noch aus. Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) hat der Bundesregierung eine ausführliche Kleine Anfrage vorgelegt, deren Beantwortung für Anfang April erwartet wird.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen