Sperrfrist bei Kinderporno-Razzia: Vorschnelle Berichterstattung?

Ermittler baten, über die Hausdurchsuchungen nicht zu berichten. Ein Boulevardblatt mochte sich dem nicht fügen.

Bestürmt von der Presse: Der Chef der "Operation Susi" Klaus Quanz. Bild: dpa

Groß angelegte Ermittlungen bleiben der örtlichen Presse meist nicht lange verborgen. So war es auch im Fall Schwalm-Eder. Nachfragende JournalistInnen versorgte die Polizei am Mittwoch mit einer Pressemeldung, die über einen Tatverdacht gegen "470 Personen im gesamten Bundesgebiet" informierte und bat, die laufenden Ermittlungen nicht durch vorschnelle Berichterstattung zu gefährden und Verdächtige zu warnen: "Wir bitten Sie, (...) zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht öffentlich zu berichten."

Doch ein Blatt konnte sein Wasser wie so oft nicht bis zur angekündigten Pressekonferenz "nach Abschluss der operativen Maßnahmen" halten: Wie Bildblog meldet, hat Bild über die Razzia berichtet - und damit für eine zweite Pressemeldung der Polizei Nordhessen gesorgt: "Da sich offenbar ein Presseorgan nicht in der Lage sah, dieser - sicher verständlichen Bitte - zu entsprechen und somit eine unbekannte Anzahl von Verfahren gefährdet hat", sollten nun "alle Medien auf den gleichen Stand gebracht werden." Die Polizei gibt dabei weiter zu bedenken, "dass die Durchsuchungen noch immer nicht abgeschlossen sind und jede weitere Publikation dazu führen kann, dass Besitzer und Verbreiter kinderpornografischer Dateien aktuell vor den Strafverfolgungsbehörden und deren geplantem Zugriff gewarnt werden".

Bild scheint derlei egal zu sein, und mit der auch sonst gern genutzten Verteidigung, Sperrfristen doch schließlich im öffentlichen Interesse zu unterlaufen, kommt man in diesem Fall auch nicht weiter. Es geht wieder einmal um den schnöden Mammon - "Kinderpornos sells", sozusagen. Beim "Dschungelcamp", wo RTL regelmäßig am Vormittag mit "Sperrfrist bis 23:55 Uhr" das vermeldet, was längst schon beim Medienpartner Bild steht, mag das zum gegenseitigen Marktanteil-Hochschaukeln lässlich sein. In diesem Fall ist es das nicht. Was den für Bild zuständigen Springer-Vorstand Andreas Wiele nicht darin hinderte, eben noch bei einem hessischen (!) Medienkongress vollmundig zu erklären, "2009 werde es keine Fernsehsendung geben, die einmal mehr Zuschauer hat als Deutschlands größte Zeitung" - nämlich Bild. Von der anderen hessischen Geschichte hat er da hoffentlich nichts gewusst.

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