Spekulationen einer Boomerin: Leise Hoffnung in der Novemberdepression
Draußen ist es trüb und Trump ist an der Macht. Warum es dennoch Grund für Zuversicht gibt und das Frühjahr überraschende Wendungen bringen könnte.
D ie Tage sind trüb, es ist November. Und es wird erst einmal so bleiben, so grau in grau. Nur ein bisschen kälter, feuchter und dunkler wird es in den nächsten Wochen werden. Zeit, Tageslichtlampen und Vitamin D anzuschaffen. Was am 5. November geschah, ist bekannt und gut dokumentiert.
Es führte bei vielen zu Schockstarre und Depression, zu Vergeblichkeitsgefühlen, Zukunftsangst, Hoffnungslosigkeit. Man zählte einander die zu erwartenden Katastrophen auf. Schlimmer hätte es nicht kommen können für das Klima, die Ukraine, den Fortschritt, die Zukunft. Schlechte Zeiten brechen an für die Sache der Frauen, für Queere, Transmenschen, Geflüchtete, Migranten, Arme. Nur die europäische Rechte wird gestärkt.
Aber auch in der schlimmsten Novemberdepression sollten wir uns in der Kolumne bemühen, die Dinge auch positiv zu sehen: Wir leben nicht in den USA. Unser Leben wird sich nicht sofort dramatisch zum Schlechteren verändern. In nur vier Jahren ist es vorbei. Trump kann danach nie mehr Präsident werden, es sei denn, er ändert die Verfassung, per Dekret das Wahlrecht oder organisiert einen Staatsstreich.
Vielleicht hält der 78-Jährige gar nicht so lange durch? In vier Jahren kann viel passieren, seine Vorliebe für Junkfood macht ihn zum Kandidaten für Herz-Kreislauf. Und wirkte er in letzter Zeit nicht zunehmend instabil, fahrig und verwirrt? Vielleicht klopft da schon die Demenz an den Hirnkasten.
Die Lebenserwartung in den USA sinkt dramatisch und liegt, Stand 2023, mittlerweile hinter Kuba und Libanon. Vielleicht überfällt ihn bald eine starke Unlust am stressigen Regierungsgeschäft und er gibt sein Amt vorzeitig auf?
Unwahrscheinlich, ja, aber wer hätte es vor Ratzes Rücktritt je für möglich gehalten, dass ein Papst freiwillig das Feld räumt? Mit diesen aufmunternden Gedanken konnten wir uns an dem deprimierenden Tag nach der Wahl noch gegenseitig trösten.
Viele lustige Memes
Und dann kamen am Abend noch Breaking News aus Berlin. Auf Facebook und Insta wurden die Grafiken mit der traurigen Freiheitsstatue, die erschüttert ihr Antlitz in den Händen verbirgt und sich enttäuscht von den USA abwendet, verdrängt von vielen lustigen Memes:
Der ehemalige Finanzminister als Deutschlands frechster Arbeitsloser, bei der Agentur für Arbeit, beim Reality-TV, als Bürgergeldempfänger.
Es tat so gut. War es nicht so wie in dem Sprichwort von der Tür, die sich öffnet, wenn sich eine andere schließt? Nun vielleicht nicht ganz, aber die Hoffnung „Nie mehr Lindner, nie mehr FDP“ wirkte an diesem Tag wie sämtliche Amphetamine, Glückshormone, Aphrodisiaka zusammen.
Die Aussicht auf einen Kanzler Merz im März allerdings könnte von der Novemberdepression direkt in die Frühjahrsverzweiflung führen.
Und wer weiß, was bis dahin noch alles passiert? Aliens landen in der Wüste Nevadas! Sahra Wagenknecht nimmt sich ein Sabbatical samt Talkshowfasten! Eine neue, coole, linksökologische Partei gründet sich und holt aus dem Stand 15 Prozent! Alles ist möglich!
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