piwik no script img

Spekulationen einer BoomerinLeise Hoffnung in der Novemberdepression

Draußen ist es trüb und Trump ist an der Macht. Warum es dennoch Grund für Zuversicht gibt und das Frühjahr überraschende Wendungen bringen könnte.

In nur vier Jahren ist es vorbei. Trump kann danach nie mehr Präsident werden Foto: Alex Brandon/ap

D ie Tage sind trüb, es ist November. Und es wird erst einmal so bleiben, so grau in grau. Nur ein bisschen kälter, feuchter und dunkler wird es in den nächsten Wochen werden. Zeit, Tageslichtlampen und Vitamin D anzuschaffen. Was am 5. November geschah, ist bekannt und gut dokumentiert.

Es führte bei vielen zu Schockstarre und Depression, zu Vergeblichkeitsgefühlen, Zukunftsangst, Hoffnungslosigkeit. Man zählte einander die zu erwartenden Katastrophen auf. Schlimmer hätte es nicht kommen können für das Klima, die Ukraine, den Fortschritt, die Zukunft. Schlechte Zeiten brechen an für die Sache der Frauen, für Queere, Transmenschen, Geflüchtete, Migranten, Arme. Nur die europäische Rechte wird gestärkt.

Aber auch in der schlimmsten Novemberdepression sollten wir uns in der Kolumne bemühen, die Dinge auch positiv zu sehen: Wir leben nicht in den USA. Unser Leben wird sich nicht sofort dramatisch zum Schlechteren verändern. In nur vier Jahren ist es vorbei. Trump kann danach nie mehr Präsident werden, es sei denn, er ändert die Verfassung, per Dekret das Wahlrecht oder organisiert einen Staatsstreich.

Vielleicht hält der 78-Jährige gar nicht so lange durch? In vier Jahren kann viel passieren, seine Vorliebe für Junkfood macht ihn zum Kandidaten für Herz-Kreislauf. Und wirkte er in letzter Zeit nicht zunehmend instabil, fahrig und verwirrt? Vielleicht klopft da schon die Demenz an den Hirnkasten.

Die Lebenserwartung in den USA sinkt dramatisch und liegt, Stand 2023, mittlerweile hinter Kuba und Libanon. Vielleicht überfällt ihn bald eine starke Unlust am stressigen Regierungsgeschäft und er gibt sein Amt vorzeitig auf?

Unwahrscheinlich, ja, aber wer hätte es vor Ratzes Rücktritt je für möglich gehalten, dass ein Papst freiwillig das Feld räumt? Mit diesen aufmunternden Gedanken konnten wir uns an dem deprimierenden Tag nach der Wahl noch gegenseitig trösten.

Viele lustige Memes

Und dann kamen am Abend noch Breaking News aus Berlin. Auf Facebook und Insta wurden die Grafiken mit der traurigen Freiheitsstatue, die erschüttert ihr Antlitz in den Händen verbirgt und sich enttäuscht von den USA abwendet, verdrängt von vielen lustigen Memes:

Der ehemalige Finanzminister als Deutschlands frechster Arbeitsloser, bei der Agentur für Arbeit, beim Reality-TV, als Bürgergeldempfänger.

Es tat so gut. War es nicht so wie in dem Sprichwort von der Tür, die sich öffnet, wenn sich eine andere schließt? Nun vielleicht nicht ganz, aber die Hoffnung „Nie mehr Lindner, nie mehr FDP“ wirkte an diesem Tag wie sämtliche Amphetamine, Glückshormone, Aphrodisiaka zusammen.

Die Aussicht auf einen Kanzler Merz im März allerdings könnte von der Novemberdepression direkt in die Frühjahrsverzweiflung führen.

Und wer weiß, was bis dahin noch alles passiert? Aliens landen in der Wüste Nevadas! Sahra Wagenknecht nimmt sich ein Sabbatical samt Talkshowfasten! Eine neue, coole, linksökologische Partei gründet sich und holt aus dem Stand 15 Prozent! Alles ist möglich!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Aliens landen in der Wüste Nevadas! Sahra Wagenknecht nimmt sich ein Sabbatical samt Talkshowfasten! Eine neue, coole, linksökologische Partei gründet sich und holt aus dem Stand 15 Prozent! Alles ist möglich!"

    Am ehesten passiert wohl das mit den Aliens.

    Ernsthaft: Vielen Dank für den aufmunternden Text.

    Und außerdem:



    Dass Lindner einfach "entlassen" wird, konnte ich mir auch nicht so vorstellen. Obwohl ich viel Fantasie habe :-)

  • "Und wirkte er (Trump) in letzter Zeit nicht zunehmend instabil, fahrig und verwirrt? Vielleicht klopft da schon die Demenz an den Hirnkasten."



    Woher nimmt die Autorin die Zuversicht das eine Demenz Trump zum Rücktritt bewegen könnte? Biden blieb und bleibt allem Anschein nach auch bis zum letzten Tag im Amt trotz sehr offensichtlicher Aussetzer. Selbst von der Idee für die Wiederwahl ließ er sich nur nach äußerst langer und interner wie öffentlicher Demontage abbringen...🤷‍♂️



    Trump ist ein ungleich größerer Egomane als Biden... - ich gehe davon aus das Trump das Oval Office nur mit den Füßen voran verlässt oder wenn Musk, Ivanka oder sonst eine ihm getreue Person das Amt übernimmt.

  • Schonn. ”In nur vier Jahren ist es vorbei. Trump kann danach nie mehr Präsident werden.“ But!

    Wahlen abschaffen! Gibter doch Zucker sei 🦍!

  • Mit einer linksökologischen Partei wären wir aber tatsächlich im irren Weltgeschehen sehr abgeschlagen. Der trend geht doch dazu noch den letzten Saft aus der Umwelt auszupressen, um sich dafür teure Bunker und Flüge zum Mars leisten zu können.