piwik no script img

Spekulation mit NahrungsmittelnFoodwatch fordert Verbot

Banken, Versicherungen und Fonds machen sich laut Foodwatch mitschuldig an Hungersnöten. Nun soll die Politik sogenannte Warentermingeschäfte einschränken.

Geschäftiges Treiben: Ob Schweinehälften, Mais oder Aktien - an der Börse wird mit allem gehandelt. Bild: ap

BERLIN dapd/taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat das Investment in Agrarrohstoffe scharf kritisiert. Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Stiftungen machen sich laut Foodwatch mit ihren Investitionen in Agrarrohstoffe "mitschuldig an Hungersnöten in den ärmsten Ländern der Welt". Daher forderte Foodwatch am Dienstag in Berlin von der Politik Neuregelungen und ein anderes Verhalten der Banken.

Hintergrund der Kritik von Foodwatch sind Recherchen des Wissenschaftsjournalisten und Buchautors Harald Schumann. Für seinen 88-seitigen Bericht über den Zusammenhang zwischen Spekulationen und Nahrungsmittelpreisen hatte er ein halbes Jahr lang recherchiert.

Nach seinen Ergebnissen gibt es "erdrückende Belege" dafür, dass Spekulationen auf künftige Preise die aktuellen Marktpreise beeinflussen. Foodwatch schlussfolgerte, dass die Banken von diesen Geschäften profitieren, während Verbraucher unter höheren Preisen leiden würden.

Von der Politik forderte Foodwatch daher Einschränkungen für spekulative Warenterminverträge. Zudem dürften sich Versicherungen und Stiftungen nicht mehr am Handel mit Rohstoffderivaten beteiligen. Foodwatch sprach sich darüber hinaus für ein generelles Verbot von Rohstofffonds und Zertifikaten auf Rohstoffe aus.

"Die Banken kassieren Gebühren und können daher mit ihren hochspekulativen Wetten nur gewinnen, während die Risiken andere tragen - vor allem die Ärmsten der Armen, die mit diesen Finanzprodukten überhaupt nichts zu tun haben, aber ihr Essen nicht mehr bezahlen können", erklärte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.

Deutsche Bank sieht andere Ursachen

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann trage als oberster Bankenlobbyist und Bankchef auch eine persönliche Verantwortung dafür, dass Menschen Hunger leiden. "Die unverantwortliche Zockerei im globalen Rohstoff-Kasino muss durch klare Spielregeln eingedämmt werden", so Bode.

Doch anstatt wirksam zu regulieren, gebe die Politik den Tanzbären der Banken. Auch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) habe ihre Forderung nach Maßnahmen gegen Nahrungsmittelspekulationen immer weiter abgeschwächt.

Die Deutsche Bank wies die Vorwürfe zurück. Preissteigerungen und -schwankungen bei Agrarrohstoffen seien vorrangig auf Wetterereignisse, die steigende Nachfrage aus den Schwellenländern, das veränderte Ernährungsverhalten sowie den wachsenden Bedarf an Biodiesel und Wechselkursschwankungen zurückzuführen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • AG
    André Gaufer

    Keine Rendite auf Kosten der Ärmsten

    Jeder kann auf Geldanlagen verzichten, die Mensch und Umwelt schaden! Keiner braucht Finanzprodukte, die auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren! Dafür setzt sich die Initiative handle-fair.de ein!

  • HW
    hummane wirtschaft

    Die Wertschätzung für Nahrungmittel und Essen etc fehlt!

     

     

    D.h. es wird nur noch "produziert, Agrarproduktions statt Landwirtachaft... es ändern sich die Begriffe und damit die Einstellung.

     

     

    Es müßte noch mehr geschehen:

    - Spekulation aufheben (Frage WIE?)

    - Gen Technik verbieten, keine Patente auf "Leben"

    - Subventonen weg!

     

    Dann wären sicher keine "superbillige" Angebote bei Aldi und Co möglich.

    Aber der Mesnch wüßte, dass Essen wieder wertvolle Nahrungmittel sind!

     

    Dezentrale regionale Stukturen aufbauen. Früher hatte "jeder" seinen kleinen Garten. In diese Richtung könnte es gehen. Sicher in Großstädten ein Problem, aber auch dort gibt es unzählige "Schrebegärten", manche Städte haben "genossenschaftliche Gärten"...

     

    Transport vonKiwi aus Neuseeland und Wein aus Kanada sollten zur Ausnahem werden.

     

     

    Spekulanten und Banken wird so, die Möglichkeit auf Spekulationen genommen, wenn "Essen" ein freies Gut wie Luft oder Wasser würde!

  • ZV
    Zucky von der Ruebe

    Denke auch, dass die Politiker wie so oft ihr Zutun haben. Die miserable Politik hinsichtlich Dumpingpreisen, Strafzoellen und auch die Subventionspolitik Bruessels macht es ja oft genug den einheimischen Landwirten schon schwer genug, von den reinen Erzeugnissen leben zu koennen!

     

    Aber in heutigen Zeiten ist es ja eh opportun, erstmal alles ungeschminkt den Banken in die Schuhe zu schieben...

     

    Und klar - verbieten verbieten... is richtig, das ist die Reaktion die immer zieht!

  • DL
    der lentz

    verständnisproblem:

    hatten wir nichtjahrzehntelang das problem das die dumpingpreise zu denen die indstriestaaten nahrung exportierten die heimischen märkte in der 3ten welt zerbombten und die dortige landwirtschaft, die zu diesen kosten nicht produzieren konnten in den ruin trieben?

    wären nicht zumindest über herstellungskosten steigende weltmarktpreise, wenn schon eigene subventionen w.g. iwf-auflagen nicht machbar sind, ein möglicher weg um die bevölkerung, zumindest die welche von der landwirtschaft leben könnte, wieder mit einem einkommen zu versorgen?