: Spatenstich für das „ungarische Hainburg“
■ Baubeginn für umstrittenes ungarisch–tschechisches Staustufensystem / Niederlage für Ungarns Umweltschützer
Aus Budapest H. Hofwiler
Ungarns Grüne mußten gestern ihre empfindlichste Niederlage hinnehmen: An der ungarisch– tschechoslowakischen Grenze begannen Planierraupen mit den Vorarbeiten zum umstrittensten Kraftwerksprojekt Ost–Europas. Ähnlich umkämpft - wie seinerzeit Gorleben und Hainburg bei Wien - gilt das Staustufensystem Gabcikova Nagymaros bei osteuropäischen Umweltschützern als Inbegriff der Landschaftszerstörung. Denn um das ungarisch– tschechoslowakische Gemeinschaftsprojekt zu verwirklichen, muß die Donau bereits bei Bratislava auf einer Länge von 40 Kilometern zu einem Superstausee aufgestaut werden. Die Folge: Über 100 Quadratkilometer naturgeschützten Auwaldes werden überflutet, das alte Donaubecken verkommt zu einem stinkenden Rinnsal und wegen des Absenkens des Grundwasserspiegels wird die Trinkwasserversorgung zwischen Wien und Budapest für fünf Millionen Menschen ernsthaft gefährdet. So in die Enge getrieben erhielt man jedoch von ganz unerwarteter Seite Beistand. Die staatseigenen österreichischen Elektrizitätswerke verspürten keine Lust mehr, ein Donaukraftwerk in den Auwäldern von Hainburg zu errichten, denn auch hier hielten Demonstrationen die Alpenrepublik in Atem. So machte man der Budapester Regierung einen lukrativen Vorschlag: Österreichische Firmen würden den Ungarn das Kraftwerk bauen; als einzige Gegenleistung erwarte man 24 Jahre lang kostenlose Stromlieferungen für das Wiener Netz. Kadar konnte nicht Nein sagen, da sein Prager Partner, Parteichef Husak, auf einen Baubeginn drängte. Aufgrund eines rigideren Kurses muß dieser um keinen Bürgerprotest fürchten, und der CSSR liegt daran, die Donau für Hochseedampfer vom Schwarzen Meer bis Wien schiffbar zu machen. Als diese internationalen Verstrickungen im letzten Jahr offensichtlich wurden, resignierten die ungarischen Grünen. Als ihr letzter Aufschrei gilt eine Anzeigenkampagne in österreichischen Blättern, in denen sie gegen den „Exportschlager Naturzerstörung“ protestieren, „da man die Demokratiemängel eines anderen Staates zum eigenen materiellen Vorteil ausnütze“.
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