piwik no script img

Spatenstich bei der A 100Jetzt kommen die Bagger

Nach Jahren der Debatte ist der Spatenstich für die Verlängerung der Autobahn A 100 erfolgt. Aber es gibt weiter Kritik am „Milliardengrab“.

Senator Müller und Bundesminister Ramsauer werfen Sand vor die Kameras. Bild: dpa

Es ist gleich doppelter Lärm, gegen den Bundesverkehrminister Peter Ramsauer ansprechen muss. Gleich hinter dem blaukrawattierten CSU-Mann dröhnen die Laster über die Anschlussstelle Grenzallee. Hundert Meter weiter trillerpfeifen die Autobahngegner.

„Das heute ist ein wichtiges Zeichen“, sagt Ramsauer, „dass auch in einer Stadt wie Berlin noch Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden kann.“ Dann vollzieht er am Mittwochmittag den Schritt: den Spatenstich für die Verlängerung der A 100 von Neukölln zum Treptower Park. Der war seit Jahrzehnten geplant, immer umstritten. 2020 sollen die 3,2 Kilometer Autobahn fertig sein. Rund 475 Millionen soll der Ausbau kosten, fast alles aus Kasse des Bundes. „Es ist nicht ganz billig, was wir hier bauen“, gesteht Ramsauer. „Aber das Geld ist gut angelegt.“

Knapp hundert Leute sind für diesen Moment gekommen. Viele Anzugträger, denen die pralle Sonne den Schweiß auf die Stirn treibt. Wirtschaftsvertreter, CDU- und SPD-Abgeordnete. Auch Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der sagt, der Baubeginn sei ein Sieg der Vernunft. „Wir holen den Verkehr aus den Wohngebieten“, verspricht Ramsauer. Dagegen könne doch niemand sein. „Außer vielleicht die da drüben.“

CDU preist den Baubeginn

Er meint die A-100-Gegner, rund 50, mit aller Art Pfeifutensilien und von der Polizei gut abgeschirmt. „Ein bitterer Tag“, sagt der Grüne Dirk Behrendt. Tilmann Heuser, der Mann vom Umweltverband BUND, spricht von „Größenwahn“. Kein Straßenprojekt sei teurer, keines überflüssiger. Die A 100 werde den Verkehr nun am Treptower Park ausschütten. Keine Entlastung für Anwohner, kein Geld für Lärmschutz oder Radwege.

Es sind die bekannten Argumente, hüben wie drüben. Die CDU preist den Baubeginn als „riesigen Gewinn für Berlin“. 3.000 Unternehmen würden mit der A 100 besser angebunden. Der Verband der Bauwirtschaft hofft „auf Impulse für den regionalen Bauarbeitsmarkt“. Umweltverbände sprechen vom „Milliardengrab“, dem „ein grünes Band aus Gärten und Brachenflächen geopfert wird“.

Widerspruch sei in Ordnung, sagt Bausenator Michael Müller (SPD), der nach Ramsauer spricht. „Er muss sich aber an der Sache orientieren.“ Und da, so Müller, hätten die Gerichte ihm und den Bauplanern recht gegeben. Auch für die Kritiker hat er noch ein Versprechen, auch wenn die ihn gar nicht hören können: „Verkehrspolitik ist ein Nebeneinander.“ Auch der öffentliche Nahverkehr werde „nicht zu kurz kommen“.

Dann greifen Müller und Ramsauer zum Spaten, buddeln dreimal in den eigens aufgehäuften Sandberg und laden zu Häppchen. Am Montag sollen die Bagger kommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • E
    eva

    „Wir holen den Verkehr aus den Wohngebieten“

     

    Ach. Und warum müssen dann für die Stummelautobahn mehrere Häuser abgerissen werden?

     

    Warum führt sie direkt an Schulen, Kitas und Altenheimen vorbei?

     

    Warum führt sie in ca. 50m Entfernung an unseren WOHNhäusern entlang - und das aus Kostengründen ohne Lärmschutzwand?

     

    Diese Lügen von Ramsauer und Wowereit sind einfach ekelerregend. Die einzigen, die von dem Unnsinsprojekt etwas haben, sind die Baufirmen.

    Und die Herren Ramsauer und Wowereit vermutlich einen goldenen Händedruck von der Bauindustrie, wie hier und dort zu hören war.

     

    Verkehrspolitk von vorgestern mit Korruption von heute.

  • B
    Bernhard

    Bei 475 Mio. verstehe ich nicht, warum die 3,2 Km nicht als Tunnel gebaut werden!

    Weniger teure Brücken, die irgendwann durch Streusalz marode werden.

    Weniger Lärm für die Anwohner.

    Viel Grün obendrauf!

    Gleichzeitig als Teststrecke für einen evtl. Weiterbau.

    Dann hätten doch alle ihr Gesicht gewahrt.

  • HM
    Hans Martin

    Einziger positiver Aspekt für mich als Radfahrer:

     

    Die vielen Millionen können nicht für überflüssige und gefährliche Radwege ausgegeben werden. Da wäre der Schaden für Radfahrer größer.