■ Sparzwang muß für alle gelten: Jetzt geht's los
Warum darf Elmar Pieroth eigentlich Wirtschaftssenator bleiben? Schließlich hat er als Finanzsenator mit Schönfärberei und Lügen die Notlage der Stadt systematisch verschleiert. Berlin hat dadurch Jahre verloren, den Haushalt in verträglicher Weise zu sanieren. Das schlimmste Versagen der SPD in der letzten Wahlperiode bestand darin, den CDU-Finanzsenator aus Angst vor einem Koalitionsbruch gewähren zu lassen. Das hätte möglicherweise der SPD den Wahlabsturz erspart. Jetzt muß sich die Koalition, muß sich insbesondere die SPD mit der ganzen Stadt anlegen: Alles steht zur Disposition, alles ist denkbar.
Da ist es nur positiv, wenn die Finanzsenatorin mit unverstelltem Blick die alten Besitzstände hinterfragt: Stopp für die Wasserstadt Oberhavel und den Messeausbau, einkommensorientierte Sozialmieten, Schließung von Theatern, höhere Gewerbesteuern, Einführung von Bibliotheksgebühren, höhere Kita-Gebühren – all das muß gleichzeitig gemacht werden. Eine Wahlmöglichkeit gibt es nicht mehr. Das kann nur von Vorteil sein. Denn neben dem Sparen wird die zentrale Aufgabe des Senats in den nächsten Jahren darin bestehen, den sozialen Frieden zu bewahren. Das wird nur gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen Opfer bringen. Sozialdemokratische Politik wird sich darin beweisen müssen, unter einem bisher unvorstellbaren Spardruck soziale Gerechtigkeit zu wahren und Ausnahmeklauseln für Bedürftige zu verankern. Wenn das gelingt, dann wird das modellhaft sein; für die Zukunftsfähigkeit der SPD ebenso. Viel Zeit ist vertan worden. Wenn die Umsteuerung jetzt nicht gelingt, dann kann die Finanzsenatorin gleich wieder an den Zahlenakrobat Pieroth übergeben. Gerd Nowakowski
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