Sparprogramm: Kürzen und Kassieren
Mit 300 Einzelmaßnahmen will Schwarz-Grün den Haushalt sanieren. Rund 500 Millionen Euro pro Jahr sollen eingenommen oder nicht ausgegeben werden.
Spektakulär ist nur wenig, schmerzhaft sicher vieles. Etwa 300 Maßnahmen hat der schwarz-grüne Senat auf seiner dreitägigen Sparklausur im Rathaus beschlossen. Diese Maßnahmen sollen 406 Millionen Euro im nächsten Jahr und 510 Millionen Euro in 2014 einbringen, hinzu kommen Mehreinnahmen aus Steuern (siehe Kasten). Das sei alles "solide und seriös berechnet", versicherte Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) am Mittwochabend im Rathaus.
Erste Priorität sei gewesen, die Verwaltung effektiver zu gestalten und "Doppelstrukturen" aufzulösen, sagte Ahlhaus. So sollen die Einkäufe der Behörden nicht mehr von elf Beschaffungsstellen erledigt werde, sondern in einem Referat "Shared Service Einkauf" in der Finanzbehörde gebündelt werden. Das spart im kommenden Jahr eine Million Euro, die sich bis 2014 auf jährlich 5,5 Millionen Euro erhöhen wird. Die sieben bezirklichen Tiefbau- und Grünabteilungen werden zu einem Landesbetrieb fusioniert, der im Jahr 3,8 Millionen Euro günstiger sein soll.
Bei den Budgetkürzungen steht die Schulbehörde ganz weit vorn. 68 Millionen Euro sollen dort Jahr für Jahr eingespart werden. Das wird möglich, weil die Primarschulreform verhindert worden ist. Lehrerstellen und auch Mieten für zusätzliche Räume entfallen deshalb.
Das Sparprogramm ist Teil des Doppelhaushaltes 2011 / 2012, dessen Entwurf der Senat auf der Klausurtagung beschlossen hat. Er wird der Bürgerschaft zugeleitet und soll Ende März oder Anfang April 2011 im Parlament verabschiedet werden.
Der Haushalt für 2011 beläuft sich auf 10,99 Milliarden Euro, für 2012 steigt er trotz der Sparmaßnahmen leicht auf 11,086 Mrd.
Das Konsolidierungsvolumen liegt für die Jahre 2011 bis 2014 bei jeweils 510 Millionen Euro.
Jährliche Sockelbeträge sind 100 Mio. Euro durch Wegfall des Weihnachtsgeldes im öffentlichen Dienst sowie jeweils 50 Mio. aus Erträgen öffentlicher Unternehmen.
Das Sparvolumen der Fachbehörden liegt 2011 bei 235 Mio. Euro, in den Folgejahren bei je 252 Mio.
Eine Kommission soll Sparvorschläge erarbeiten für 21 Mio. Euro in 2011. Dieser Betrag soll jährlich anwachsen bis auf 108 Mio. im Jahr 2014.
An Steuermehreinnahmen wird für 2011 eine Summe von 104 Mio. Euro veranschlagt, danach 77 und 45 Mio. Für 2014 werden keine Mehreinnahmen eingerechnet.
Geschlossen wird das Altonaer Museum, das bringt rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr. Das Gebäude am Bahnhof Altona soll vermietet oder verkauft werden und dadurch für weitere Einnahmen sorgen. Bücherhallen und das Schauspielhaus müssen mit weniger Geld auskommen.
Stadtentwicklung, Justiz und Bezirke erhalten zehn bis zwölf Millionen Euro weniger im Jahr, was vor allem mit Personalkosten eingespart werden wird. Die Wissenschaftsbehörde spart fünf Millionen Euro in den Verwaltungen ein, den Studentenwerken werden 17 Millionen Euro gestrichen. Die Budgets der Hochschulen indes bleiben unberührt. Die Sozialbehörde soll 30 Millionen Euro beisteuern (siehe Text unten).
Auch die Innenbehörde kommt nicht ungeschoren davon. In den Stäben im Polizeipräsidium sollen 40 Stellen entfallen, an Beamten auf der Straße wird nicht gespart. Die Fahrradstaffel und die Diensthundeschule werden jedoch aufgelöst, Reiterstaffel und Polizeiorchester bleiben dafür erhalten.
Neben den Sparmaßnamen will der Senat abkassieren. Eine Kostenbeteiligung von etwa 40 Euro bei leichten Verkehrsunfällen ohne Personenschäden soll etwa zehn Millionen Euro bringen. Auch der Polizeieinsatz bei kommerziellen Großveranstaltungen soll gebührenpflichtig werden und etwa 1,5 Millionen Euro erwirtschaften. Mindestens zehn Millionen Euro erhofft sich der Senat durch eine fünfprozentige Kulturtaxe auf Hotelübernachtungen, die zum größten Teil in den Kulturetat fließen soll.
Zudem werden die etwa 10.000 Studierenden, die in Hamburg nicht gemeldet sind, aufgefordert, ihren ersten Wohnsitz in der Hansestadt zu nehmen. Jeder Einwohner mehr macht sich im Länderfinanzausgleich mit 2.500 Euro zu Gunsten Hamburgs bemerkbar. 5.000 umgemeldete Studierende könnten so den Wissenschaftsetat um 12,5 Millionen Euro im Jahr erhöhen.
Trotz allem sind die erhofften 100 Millionen Euro durch Verschlankung der Verwaltung noch lange nicht erreicht. Die Lücken sollen durch Steuermehreinnahmen geschlossen werden, eine Arbeitsgruppe soll weitere Sparpotenziale von strukturellen 50 Millionen Euro aufspüren. Die SPD-Fraktion wirft dem Senat vor, "nicht einen Cent zu sparen". Das Paket sei ein "großes Umverteilungsprogramm von Bürgerdienstleistungen und sozialen Aufgaben hin zu Bürokratie, üppigen Behörden, Events und Senatsmarketing", kritisiert Finanzexperte Peter Tschentscher.
Nach Ansicht von Handelskammer und Handwerkskammer zeigt das Sparpaket "in die richtige Richtung". Der DGB will am 30. September mit einer Menschenkette von der Finanzbehörde zur Elbphilharmonie "der Spur der Geldverschwendung folgen".
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