Sparpläne in Berlin: Solidarisch gegen das Spardiktat
Tausende Menschen demonstrieren am Sonntag gegen die geplanten Einsparungen des Senats. Aufgerufen hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis.

Laut Angaben der Veranstalter versammelten sich am Sonntag rund 6.000 Menschen zu einer Großdemo am Lustgarten auf der Museumsinsel, um unter dem Motto „Wir sind #unkürzbar – Ein Berlin für Alle!“ gegen die Sparmaßnahmen zu protestieren. Die Polizei sprach zwischenzeitlich von 3.000.
Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus über 200 zivilgesellschaftlichen Organisationen, aus allen Bereichen, die vom Spardiktat betroffen sind: Bildung und Kultur, Klimaschutz, Soziales, Mobilität, Stadtentwicklung, Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Antidiskriminierung. Gemeinsam fordern sie die Rücknahme der geplanten Einparungen von rund zehn Prozent für das Jahr 2025.
Bereits in den vergangenen Wochen waren nahezu täglich Sozial- und Kulturverbände, freie Träger, Vereine und andere Betroffene gegen die drohenden Einsparungen auf die Straßen gegangen. Zuweilen wirksam: einige Kürzungsvorhaben wurden zurückgenommen, etwa im Umwelt- und Klimaschutz- sowie im Kulturbereich. Auch die Tariferhöhungen für die Beschäftigten der freien Träger scheinen gesichert, für queere Jugendarbeit gibt es weitere Mittelzusagen.
Doch das Gesamtkürzungsvolumen von 3 Milliarden Euro bleibt unverändert. Zahlreiche Bereiche sind weiterhin von den Einsparungen bedroht, darunter die Schulsozialarbeit, die Studierendenwerke, die Kinder- und Jugendhilfe und viele Kultureinrichtungen. Viele Projekte wissen nicht, ob und wie sie ihre Arbeit im nächsten Jahr fortführen können, viele Beschäftigte fürchten um ihre Jobs.
Vulnerable Gruppen am stärksten betroffen
Dagegen wehrt sich die Berliner Zivilgesellschaft: „Wir lassen nicht zu, dass die Kürzungen das Band zerschneiden, das uns alle verbindet“, sagt Verena Bieler vom Bündnis. Vor allem wollen sie nicht hinnehmen, dass auf dem Rücken der Schwächsten gekürzt wird.
Auch die Berliner Linke kritisiert, das es besonders die vulnerablen Gruppen sind, die das „Kürzungschaos von Schwarz-Rot ausbaden“ müssen: Jugendliche, die ihren Jugendklub verlieren, Beschäftigte der sozialen Träger, „die ab Januar auf der Straße sitzen“, sowie Menschen, die auf Schuldnerberatung und Hilfeleistungen angewiesen sind. Der schwarz-rote Senat spare die Stadt kaputt, so die Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer.
Neu ist das nicht und so werden am Sonntag auch Vergleiche zu den Sarrazin-Jahren und dessen rigorosem Programm „Sparen, bis es quietscht“ gezogen. „Das werden wir bestimmt nicht noch einmal zulassen“, so Bieler. Das Bündnis fordert stattdessen Investitionen in Bildung, Kultur, Sozialbereich und Klimaschutz. „Wir wollen eine Stadtpolitik, die mit uns spricht und nicht gegen uns handelt!“ Auf diese Forderungen macht der Demozug mit lautstarkem Gesang aufmerksam, während er in Richtung Mariannenplatz in Kreuzberg zieht. „Kakakakacke!“, ruft der Meckerchor, „ist doch kacke!“
Über die finalen Haushaltseinsparungen will der schwarz-rote Senat am 19. Dezember entscheiden.
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