: „Spar unten – gib’s nach oben“
Betr.: „Wem gehört der öffentliche Raum ?“, taz bremen vom 11. Juni 2005
Das Viertel ist ein beliebter und attraktiver Ort geblieben, weil sich vor Jahren einmal gerade Randgruppen und die Bremer Subkultur gegen seinen Abriss zugunsten der Straßenplaner zur Wehr setzten. Welcher Zynismus steckt dahinter, wenn sich nun rund 30 Jahre später die nächste Generation dieser Subkulturen (mal wieder) mit Kabelbindern gefesselt auf dem Viertelasphalt wiederfindet? Nur weil sie (mit selbst gekochtem Essen, nicht mit selbst gebauten Brandsätzen!) auf ihre miserable soziale Situation aufmerksam machen will, sich gesellschaftlich engagiert und äußert – und eben nicht nur „rumhängt“. Wenn Jugendzentren aus „Steuergeldmangel“ schließen müssen, Drobsen weggespart werden, Randgruppentreffpunkte weichen müssen, verschwinden nicht auch gleich die betroffenen Menschen mit, Herr Bücking! Auch nicht durch Polizeieinsätze. Frustrierte Menschen brauchen keine Rädelsführer, liebe Polizeibeamten! Durch bundesweite Medienberichte über das Sielwalleck der letzten mehr als eineinhalb Jahrzehnte (!) müsste Herrn Fakhari doch sein „Objekt“ als zentraler Treffpunkt der Szene aufgefallen sein, bevor er es kaufte. Erst recht wusste die Stadt, was es heißt, hier Gastronomie zu platzieren. Lebensumgebungen wie das Viertel mit seinem bunten sozialen Mix sind im Aussterben durch städtischen Ausverkauf; sie sind gesellschaftlich wertvoll und erhaltenswert. Jugendliche, Subkulturen und andere Opfer dieser „spar unten – gib’s nach oben“-Politik verdienen endlich mehr Respekt bei den EntscheidungsträgerInnen als die Behandlung mit Rotstift, Vorurteil und Polizeigewalt. Olaf Schindler, Bremen