Press-Schlag: Spanisches Triumvirat
■ Real Madrid, Bernd Schuster und Jesus Gil y Gil: drei Rivalen um die spanische Fußballmeisterschaft
Über der spanischen Fußball– Liga schwebt wie überall der Pleitegeier, eine einfache Formel soll ihn vertreiben: mehr Spiele - mehr Zuschauer, und schon rollt die Pesete. Eine Milchbubirechnung, die in der vergangenen Saison glatt in die Hose ging. Damals wurde zum erstenmal ein Play– Off–System eingeführt - in Hin– und Rückspielen ermittelten nach Abschluß der normalen Runde die ersten Sechs den Meister, die letzten Sechs die Absteiger, die mittleren Sechs einen Ligapokal–Finalisten. Das Resultat war verheerend. Die Fußballer mußten ihre Stiefel so oft schnüren wie noch nie, die Zuschauer blieben gelangweilt daheim, die Einnahmen reichten manchmal kaum, den Platzwart zu bezahlen. Schnellstens wurde das fatale System wieder abgeschafft, dafür die Liga auf zwanzig Vereine aufgestockt. Favorit ist auch diesmal Titelverteidiger Real Madrid mit seinem Mexikaner Hugo Sanchez, seit drei Jahren unangefochten spanischer Torschützenkönig, mit Butragueno, der „zehnmal besser ist als Sanchez“ (Diego Maradona), mit dem jugoslawischen Mittelfeldregisseur Jankovic, den Real, als Valdano von Hepatitis befallen wurde, als Notnagel verpflichete und der sich als Mittelfeld–Volltreffer entpuppte, und mit dem Rest der Mannschaft, allesamt Nationalspieler. Die großen Rivalen Reals heißen Bernd Schuster und Jesus Gil y Gil. Im ganzem Land waren die Fernsehzuschauer entzückt, als Schuster beim Abschiedsspiel seines alten Freundes Quini im Stadion von Gijon dessen Team Sporting Gijon gegen Real Madrid verstärkte, meisterlich auftrumpfte und mit Ovationen der überraschten asturischen Zuschauer verabschiedet wurde, die den deutschen Fußball ganz anders in Erinnerung hatten. Schuster soll beim FC Barcelona, der auf Neuverpflichtungen diesmal völlig verzichtete, nach seiner einjährigen Verbannung nicht nur spielerische Linie in das erfolglose Zufallsgeknödel der letzten Saison bringen, sondern auch die Anhänger wieder ins Stadion ziehen, die, von der fußballerischen Öde ihres Teams erschreckt, lieber zu Hause geblieben waren. Ähnlich wie „Barca“ haben fast alle Vereine kostspielige Einkäufe unterlassen - außer Atletico Madrid, wo eine schillernde Figur namens Jesus Gil y Gil die Präsidentschafts–Nachfolge des im März verstorbenen Atletico–Denkmals Vicente Calderon angetreten hat. Runde 13 Millionen Mark hat Gil investiert und dafür zu dem - noch von Calderon geholten - Brasilianer Alemao eine Handvoll hochkarätiger Stars nach Madrid gelockt: zur Einschüchterung der Konkurrenz den „Schlächter von Bilbao“, Andoni Goikoetxea, die Stürmer Lopez Ufarte, bei San Sebastian in Ungnade gefallen, Marcos vom FC Barcelona und den Portugiesen Futre; dazu als Trainer keinen Geringeren als den großen Cesar Luis Menotti. Dessen Ziele sind klar abgesteckt: „In Argentinien habe ich schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Jetzt möchte ich die Meisterschaft in Spanien und den Europapokal gewinnen.“ Bisher funktioniert das Atletico–Modell allerdings noch nicht so recht, wie ein Privatspiel gegen den FC Liverpool zeigte. Zum einen hat Gil vergessen, einen Torjäger zu kaufen, so daß all die von Atleticos Schönspielern wunderhübsch aufgebauten Angriffe wirkungslos verpufften, zum andern ließ ihn das kräftig zur Kasse gebetene Publikum - 35 Mark der billigste Platz - im Stich. Nur 25.000 Zuschauer sahen die 0:1–Niederlage gegen Liverpool, was Jesus Gil y Gil allerdings ziemlich kalt ließ. Der billigste Platz bei den Punktspielen wird sogar mehr als 50 Mark kosten. So will Gil, der angekündigt hatte, er wolle „Madrid einnehmen“, den Kauf von Jahreskarten attraktiver machen. Außerdem sei, so Gil, der schwache Besuch beim Liverpool–Spiel keineswegs auf die hohen Preise zurückzuführen, sondern darauf, daß alle Einwohner Madrids am Strand weilten: „Das hat mir der Bürgermeister gesagt.“ Matti
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