■ Mit der EU-Präsidentschaft auf du und du: Spanisches Programm
Madrid (taz) – Der Präsident der EU-Kommission, Jacques Santers, und der spanische Ministerpräsident Felipe González haben gestern in Madrid die Tagesordnung für die am vergangenen Samstag begonnene spanische EU-Präsidentschaft festgelegt. Die einheitliche EU- Währung, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Mittelmeerkonferenz, die Neubestimmung der internationalen Beziehungen stehen ganz oben auf der Liste. Nicht darauf: die Umweltpolitik.
Die Spanier wollen 1999 beim Startschuß für die einheitliche Währung mit im Bunde sein. Ein strenger Sparhaushalt soll daher bis 1997 das Haushaltsdefizit von derzeit 6,7 Prozent auf die in Maastricht geforderten drei Prozent des Bruttosozialprodukts zusammenschrumpfen lassen. Die endgültigen Beitrittsmodalitäten zur Währungsunion sollen noch im spanischen Semester festgelegt werden. Sollte Spanien, was mehr als wahrscheinlich ist, dennoch nicht zu den Auserwählten gehören, will González auf dem EU-Rat im Dezember in Madrid einen Plan für die langsameren Länder erarbeiten.
Zur Schaffung von Arbeitsplätzen solle jedes Land seine Maßnahmen offenlegen. González, in dessen Land auf dem Höhepunkt der Krise 1993 3,5 Millionen der 16 Millionen europäischen Arbeitslosen lebten, glaubt die Lösung des Problems gefunden zu haben. Die Reform des Arbeitsmarktes vom vergangenen Jahr zeige ihre Wirkung, 1.000 neue Arbeitsplätze täglich würden geschaffen. Was er verschweigt: Es handelt sich meist nur um Zeitverträge.
Über den Osten den Süden nicht vergessen, heißt das spanische Motto bei den internationalen Beziehungen. Mehr Stabilität am Mittelmeer durch wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit soll die Mittelmeerkonferenz im November in Barcelona bringen.
Auch über den Atlantik möchte Spanien Brücken schlagen. Abkommen mit den ehemaligen Kolonien in Lateinamerika, wichtige Märkte für Spaniens Wirtschaft, sollen geschlossen werden. „Die Unterzeichnung eines Handelsvertrags mit Mexiko käme dabei einer Goldmedaille für unsere Präsidentschaft gleich“, so der ständige EU-Vertreter Spaniens, Javier Elorza.
Bleibt als letzte Aufgabe, die EU-müde Bevölkerung zu Hause umzustimmen. Keine leichte Aufgabe angesichts offener Fischereiverhandlungen mit Marokko, des Thunfischkonflikts mit Frankreich, der diesen Sommer wieder einmal ins Haus steht, der Verringerung der Wein- und Olivenanbauflächen und der Reform des gemeinsamen Marktes für Obst und Gemüse, von dem 25 Prozent der spanischen Landwirtschaft leben. Reiner Wandler
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