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Spanische Verhältnisse

■ betr.: „Die baskische ETA ist nicht telegen“, „Vor den Wahlen wollen alle den Sozialstaat“ etc., taz vom 19. 2. 96

Anscheinend kommt Reiner Wandler vieles in Spanien sehr spanisch oder vielmehr unverständlich vor.

Die spanischen Verhältnisse sind für deutsche Linke ziemlich durcheinander geraten. Früher war das einfach: Da hat das Herz in den siebziger Jahren eindeutig für das kleine, mutige Volk der Basken geschlagen. Diese, von Franco verfolgt, heute von den Sozialisten in ihren Autonomiebestrebungen nicht genug befriedet, waren ein gutes Feld für Projektionen. Aber wer hat sich je genauer mit der Baskenfrage befaßt? Was rechtfertigt den Terror gegen die baskische Bevölkerung (Tributzahlungen), was soll diese sinnlose Gewalt? Sind ETA-Videos demokratische Wahlkampfwerbung? Und daß sich die baskische Polizei vermummt, dient einzig und allein dem Schutz ihrer oft bedrohten Leute und deren Familien – sollten Polizisten eines demokratischen Rechtsstaats vogelfrei sein?

Der sozialistischen Regierung in Madrid wurde ihr linker Anspruch mehr oder weniger hoch angerechnet, die reale Politik aber selten im einzelnen zur Kenntnis genommen. Die deutsche Regierung hat die Anpassung an die Europäische Union stets geschätzt, die Spanier selbst eine soziale Flankierung dagegen eher vermißt. Aber das hat den Stimmungsumschwung in der Bevölkerung nicht verursacht. Was die Berichte nicht bringen: Die zahlreichen Skandale, die niedergeschlagenen Untersuchungen, der Mißbrauch der Macht, die Selbstbedienung mit den Posten – das ist es, was viele und auch frühere Linke, in Spanien heute zu der Überlegung treibt, es diesmal vielleicht mit der Volkspartei (PP) zu versuchen. Und dies, trotz der tiefsitzenden Ängste vor einer rechten Regierung. Sollte die Volkspartei bei den Wahlen eine Mehrheit bekommen, dann aus Verzweiflung an der jetzigen sozialistischen Regierung und nicht, weil die PP ein überzeugenderes Programm hätte. Rita Grießhaber, MdB,

B'90/Grüne, Frauenpolitische

Sprecherin

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