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Spaniens Königliche SprachakademieAuf, niños, wir singen!

Ein weniger sexistisches Spanisch fordern Spracherneuerer. Darunter würden Grammatik und Syntax leiden, sagen Traditionalisten.

Er fährt, sie fährt bei. Ob das gendergerecht ist? Bild: eurytos / photocase.com

Madrid taz | Spaniens Königliche Sprachakademie (RAE) will von einem nichtsexistischen Gebrauch der Sprache von Miguel Cervantes nichts wissen.

Insgesamt 27 Mitglieder unterzeichneten vor wenigen Tagen in El País, der größten Tageszeitung des Landes, ein umfangreiches Dokument, das sich mit Anleitungen auseinandersetzt, die in den letzten Jahren von Verwaltungen, Universitäten und Gewerkschaften herausgegeben wurden, um einen nichtsexistischen Sprachgebrauch zu fördern.

Die Wächter über das Spanische werfen den Autoren vor, mit ihrem Anliegen – die sprachliche Diskriminierung des weiblichen Geschlechts zu bekämpfen – Grammatik und Syntax der Sprache zu beschädigen.

Es geht um die Regel, der zufolge für die Mehrzahl, wenn sie sich auf eine gemischte Gruppe bezieht, immer die männliche Form der Oberbegriff ist. Aus niña (Mädchen) und niño (Junge) werden so bei einer Schulklasse niños (Kinder), aber halt auch Jungs.

Die nichtsexistischen Sprachführer schlagen vor, immer beide Formen zu nutzen oder, wo dies möglich ist, neutrale Oberbegriffe zu suchen. Aus Lehrer und Lehrerinnen werden Lehrkräfte, aus Stipendiatinnen und Stipendiaten Personen mit Stipendium.

Offiziell gegen reell

Der männliche Plural beinhalte beide Geschlechter, entgegnen die Akademiemitglieder. Die Forderung, dass amtliche Texte und Reden immer beide Geschlechter benennen müssen, führe dazu, „dass sich die offizielle Sprache noch weiter von der reellen Sprache entfernt“. Widerspruch wird nicht geduldet.

Denn ordentliches Spanisch sei schließlich Sache der Wissenschaft und damit der Akademie: „Die meisten dieser Sprachführer wurden ohne Beteiligung von Sprachwissenschaftlern geschrieben“, heißt es.

Die größte Gewerkschaft des Landes, CCOO, die eine der kritisierten Publikationen verlegt hat, gibt zu bedenken, dass der weit verbreitete Gebrauch der männlichen Form als Oberbegriff für beide Geschlechter nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass sich Institutionen und Akademie weigern, eine andere Form zu nutzen. „Die Grammatik ist nicht das Leben“, unterstützt eine Philosophieprofessorin der Fernuniversität die nichtsexistischen Sprachführer.

Fragwürdige Definitionen

Die Tageszeitung La Vanguardia wirft der RAE vor, bei Weitem sexistischer zu sein als die Menschen auf der Straße, und empfiehlt einen Blick ins offizielle Wörterbuch der Akademie. Es ist voll von mehr als fragwürdigen Definitionen: „Genießen: eine Frau körperlich kennenlernen“, steht da etwa geschrieben.

Die Vorsitzende der Gleichberechtigungskommission der Justizverwaltung wartet mit einer schönen Anekdote auf, die belegt, wie wichtig die Sichtbarkeit der Frau in der Sprache ist: „Eine Vertretung kam in den Unterricht und schlug vor: ’Auf, niños, wir singen!‘ Kein einziges Mädchen sang mit, denn ihre Klassenlehrerin redet immer von niñas y niños.

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10 Kommentare

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  • B
    Besserwisser

    @Schraube:

     

    "Nin@s wenn man Jungen und Mädchen sagen will"

    So ein Quatsch; Ein @ kann man schreiben aber nicht sagen. Das ist genau der gleich Krampf wie das Binnen I das hier auf der Taz auch schon mal als die "Erektion im Text" genannt wurde. Spätestens beim Vorlesen ist es nämlich mit der Geschlechterneutralität vorbei. Die meisten lesen nämlich Mitarbeiterinnen vor wenn da MitarbeiterInnen steht. Neue Buchstaben zu erfinden kann nicht die Lösung sein.

  • S
    Sowasaberauch

    ...schriftlich klappt das ja sehr schön mit dem @, aber zum Sprechen schwierig: niñoas oder niñaos?

  • M
    Mutter

    @ Schraube:

    Geschrieben sieht das ja wirklich ganz witzig aus, aber für die gesprochene Sprache ist das gender-@ nicht so gut geeignet wie das deutsche gernder gap.

  • W
    Walter

    Das finde ich toll! Meiner Tochter fällt das auch auf, sie ist erst 11 und in einer Europaschule. Sie findet es absolut blöd, dass sie oft unter die männlichen Form fällt.

     

    Wir Männer sollten begreifen, dass uns die Welt nicht alleine gehört.

  • J
    Jorge

    @Schraube: Das sehe ich in spanischen Texten recht oft, habe es auch schon selber benutzt. In anarchistischen Kreisen wird gerne auch "x" statt "o" und "a" verwendet.

     

    Problem ist nur, wie man das aussprechen soll... Allerdings könnte man ja einfach einen Buchstaben einführen, der zwischen "o" und "a" liegt.

     

    Allerdings finde ich das Spanische allgemein weniger sexistisch als das Deutsche. Im Deutschen kann man das Anhängsel "-innen" dahin interpretieren, das es sich bei Frauen eben auch um Anhängsel von Männern handelt, bei denen die Form näher am Wortstamm liegt. Ich gebe zu, das ist weit hergeholt, macht aber auf mich immer diesen Eindruck. Im Spanischen dagegen sind beide Formen gleich weit vom Wortstamm entfernt.

  • N
    Nico

    Da ist aber kein O drin… @=ad. Niñads also?

  • UH
    Udo Henn

    Kreativer Vorschlag von Schraube, leider nicht aufs Deutsche zu uebertragen. Aber wir haben ja die so elegante Schreibweise "LehrerInnen". Allerdings, mit "Naerrinnen und Narrhalesen" werden wir weiter leben muessen.

  • H
    Horst

    das is doch genau der gleiche kindergarten wie das "in" an wörtern ran zu hängen. als ob die welt nix wichtigeres zu bieten hätte, worüber mensch sich aufregen kann....

  • D
    Dirk

    Muss es nicht Spracherneuerer_innen und Traditionalist_innen heißen? So viel Zeit muss sein!

  • S
    Schraube

    Dabei gibt es im spanischen schon eine prima Lösung für die Schreibweise: Das @ als o mit einem a drin. Also Nin@s wenn man Jungen und Mädchen sagen will.