: Spanien unter dem Dach
GASTARBEITERINNEN „Nur für Personal“ von Philippe Le Guay ist eine französische Gesellschaftskomödie über spanische Dienstmädchen im Paris der 60er Jahre
VON WILFRIED HIPPEN
Im vornehmen Paris von 1960 gilt spanisches Dienstpersonal als fleißig, zuverlässig und günstig. Dies merkt auch der Börsenmakler Jean-Louis Joubert, als seine langjährige Haushälterin nach einem Krach mit seiner Ehefrau kündigt und die junge Maria eingestellt wird, die gerade in Paris angekommen ist und zusammen mit anderen spanischen Bediensteten unter dem Dach seines Hauses lebt. Joubert wird bald aufmerksam auf den ihm bisher völlig verborgen gebliebenen Mikrokosmos im sechsten Stock. Und nachdem er die Bekanntschaft der sehr solidarisch miteinander lebenden Gruppe von Frauen gemacht hat, führt er sich ein wenig wie ihr gütiger kleiner König auf und genießt neben ihrer ehrlich gemeinten Dankbarkeit auch ihre Vitalität. Denn er selbst steckt als typisches Mitglied der Bourgeoisie sowohl privat wie auch beruflich in einem öden Trott. Sein Leben lang hatte er getan, was von ihm erwartet wurde, und so wirken die Lebensfreude und das Temperament der Spanierinnen sehr verführerisch auf ihn.
Der Film erzählt davon, wie er sich mit Hilfe der Diensthilfen langsam befreit und eine zögerliche Romanze mit Maria beginnt. Fabrice Luchini scheint zur Zeit in jedem zweiten bei uns anlaufenden Film aus Frankreich mitzuspielen. In „Das Schmuckstück“ war er der herrscherische Ehemann von Cathrine Deneueve, in „Das Mädchen von Monaco“ der schüchterne Staatsanwalt und in „Intime Fremde“ der Steuerberater, den Sandrine Bonnaire für einen Psychiater hält. Hier spielt er Monsieur Joubert als einen weiteren seiner gehemmten Bourgeois, der langsam lernt, seinen Eigensinn zu pflegen. Dies zeigt der Regisseur Philippe Le Guay in einigen sehr komischen Szenen, wie etwa jener, in der Joubert bei einer Geschäftssitzung plötzlich beginnt, seinen verblüfften Kollegen von den Problemen seiner neuen Freundinnen zu erzählen. Ein schöner Moment ist auch jener, wenn er seiner Frau einen Seitensprung gesteht, den er gar nicht begangen hat.
In einem weniger subtilen Film wäre Madame Joubert sicher ein Hausdrache gewesen, der Maria und alle anderen in ihrem Haushalt drangsaliert. Sandrine Kiberlain darf sie dagegen als eine ebenfalls durch die Konventionen des bürgerlichen Lebens Gefangene spielen, die Komplexe hat, weil sie glaubt, immer noch als „Landei“ angesehen zu werden und ebenfalls im Laufe des Films durch die Krise zu ihrer eigenen Art der Befreiung kommt.
Doch all den steifen Franzosen stehlen die Spanierinnen die Show. Als eine verschworene Gemeinschaft von Kolleginnen, die gemeinsam klaglos solche Unannehmlichkeiten wie die ewig verstopfte Toilette hinnehmen (die Monsieur Joubert dann als eine huldvolle Geste reparieren lässt), sind sie eine bunte Gruppe von skurrilen Figuren, die alle als zugleich komische und komplexe Charaktere gezeichnet werden. Entsprechend werden sie von einem starken Ensemble von spanischen Schauspielerinnen verkörpert. Unter ihnen Almodovars Stammschauspielerinnen Carmen Maura und Natalie Verbeke, die in der Rolle der Maria vor lauter Frische und Unschuld zu glänzen scheint. „Nur für Personal!“ ist eine von den Komödien, die nur in Frankreich gemacht werden können und die eher ein Lächeln als ein lautes Lachen verursachen.