Spätlese: Wunschloses Unglück
■ "Des anderen Haus" von Silvio D'Arzo
Die Bibliothek Suhrkamp ist eine der wenigen Reihen im deutschen Verlagswesen, die ihren Namen verdient: Fundstücke, angeschwemmt aus der uferlosen Produktion, oft leicht angejahrt und mit den Jahren zu Unrecht vergessen. Nicht die Vorgabe eines Konzepts, einer Idee spielt hier eine Rolle, sondern allein offenbar die hintergründige Überzeugung, daß es Texte gibt, die so – scheinbar absichtslos, nur schön gebunden – dem Publikum immer wieder zur Kenntnis gebracht werden müssen. So auch die Novelle des Italieners D'Arzo, der in Deutschland kaum bekannt geworden ist: die melancholische Nachkriegsgeschichte „Des andern Haus“ ist auch wenig geeignet, die Liebe der Deutschen zum Italiener an sich mit Material zu versehen. Es ist ein düsteres, lakonisches Buch, das um etwas kreist, das für erloschen gelten muß, weil es nicht mehr ausgesprochen wird, und das doch ziehend, quälend weiterwirkt: eine schmerzhafte Erinnerung. Angesiedelt in einem Bergdorf von abgeschiedener Erwartungslosigkeit, absterbendem Leben, blanker und wehrloser Armut, läßt die Geschichte keinerlei Hoffnung durch: nicht einmal mittels ihrer Hauptfigur, die immerhin ein Pater ist. Ein vollkommener, ganz abgedichteter und abgeschlossener Text, der keinerlei Licht durchläßt noch zurückwirft, wie ein genau beschnittenes Stück grauer Karton.
Silvio D'Arzo: „Des andern Haus“. Aus dem Italienischen mit Genauigkeit und Zartheit ins Deutsche gebracht von Iris Schnebel-Kaschnitz. Bibliothek Suhrkamp, geb., 88 Seiten.
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