■ Spätkauf: Rauschliteratur
Zur Meisterschaft der „schenkenden Tugend“, einer Art Kunst des Schenkens analog der zenbuddhistischen Teezeremonie, bei der dann Geschenk und Nichtgeschenk anmutig in eins fallen müßten, bringt man es nur selten. Grad zu Weihnachten. Statt dessen wird die Geschenküberlegung oft zur Qual, die ich dadurch zu vermindern suche, daß ich von den Sachen, die ich toll finde, gleich mehrere kaufe. Bücher vor allem, die sich passend zum Winter mit dem Trinken beschäftigen: Wenedikt Jerofejews „Reise nach Petuschki“, der Klassiker der russischen Nachkriegsrauschliteratur, das grad erschienene „Maxim und Fjodor“ von Wladimir Schinkarjow, in dem ganz besonders elegant das eine oder andere Getränk – auch in Haiku-Form – „weggemacht“ wird, oder Kapielskis „Gottesbeweise“, in dem es auch eine so überraschende wie überzeugend kluge Passage über LSD gibt. Wird es wieder ganz kalt, sollte man Françoise Cactus' „Autobigophonie“ verschenken. Gegen die Kälte empfiehlt die charmante Sängerin und Schlagzeugerin von Stereo Total die „Coué-Methode“: Die „besteht darin, sich von seiner Schönheit und Intelligenz zu überzeugen, wenn man dumm und häßlich ist. Immer wieder sagt man sich: ,So schön bin ich! Und so klug!' Irgendwann glaubt man daran und strahlt dann solche Selbstsicherheit aus, daß sich jeder sofort ebenfalls überzeugen läßt. Also wiederholte ich: ,So heiß ist es! Man hält diese Hitze gar nicht mehr aus! Ich möchte ein Eis! Ein erfrischendes Getränk!‘“ Detlef Kuhlbrodt
Wenedikt Jerofejew: „Reise nach Petuschki“. Piper, 12DM; Wladimir Schinkarjow: „Maxim und Fjodor“, Berlin-Verlag, 36DM; Françoise Cactus: „Autobigophonie“, Martin Schmitz Verlag, 28DM
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