: Späte Folterschule in Argentinien
Militär betrieb lange nach Ende der Diktatur Folterzentrum. Präsident Kirchner ordnet Untersuchung an. Militär wiegelt ab. Menschenrechtler fordern volle Aufklärung
BUENOS AIRES ■ dpa Das argentinische Militär hat nach Angaben der Regierung auch lange nach dem Ende der Diktatur (1976–1983) noch ein Folterzentrum betrieben. Es lägen „erschütternde“ Fotos von Folterszenen in einer Kaserne in der Provinz Córdoba von 1986 vor, teilte das Verteidigungsministerium mit. Täter und Opfer seien Militärangehörige gewesen, die zum größten Teil bereits identifiziert seien. Das Folterlager habe von 1965 an bis zum Ende der Wehrpflicht 1994 existiert, berichteten die argentinischen Medien gestern. Präsident Néstor Kirchner habe eine Untersuchung angeordnet.
Auf den Fotos, die das Verteidigungsministerium für echt halte, seien gefesselte und fast nackte Opfer mit verbundenen Augen zu sehen, die von anderen Soldaten gequält werden. Es habe sich offensichtlich um einen Teil der „Ausbildung“ von Spezialeinheiten gehandelt, der „Gefangenenlager“ genannt wurde, sagte Verteidigungsminister José Pampuro. Einige Opfer seien mit Elektroschocks gequält worden oder hätten mehrere Tage in einem Schlammloch aushalten müssen.
Dies sei ein völlig normaler Teil der Ausbildung von Spezialeinheiten gewesen, wie es ihn in vielen Streitkräften der Welt gebe, berichtete die Zeitung Clarín unter Berufung auf die Streitkräfte. Es habe sich damals nicht um Straftaten gehandelt.
Vertreter von Menschenrechtsgruppen forderten bei einem Treffen mit Pampuro jedoch die vollständige Aufklärung der Vorgänge und die Bestrafung der Vorgesetzten. Es müsse auch die Schuld der damaligen Präsidenten Raúl Alfonsín (1983–1989) und Carlos Menem (ab 1989) geprüft werden. Die Folterszenen würden die „Nazi-Ausbildung“ der Militärs offen legen, sagte die Vorsitzende der Vereinigung von Angehörigen von Diktaturopfern „Mütter der Plaza de Mayo“, Hebe de Bonafini.
Argentiniens Militärs waren während der Diktatur für besonders grausame Foltermethoden berüchtigt. Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen töteten sie bis 1983 etwa 30.000 ihrer Opfer. Auch der Polizei werden von Menschenrechtsgruppen selbst heute noch Foltermethoden bei der Vernehmung von Festgenommenen vorgeworfen.