: Sozialwohnungen drohen höhere Mieten
Wenn es nach Nochfinanzsenator Sarrazin geht, müssen Mieter in Sozialwohnungen künftig mehr zahlen. Die Obergrenzen für dortige Mieten sollen gestrichen werden. Der Mieterverein spricht von einem fatalen Signal
Bewohner von Sozialwohnungen müssen sich ab April auf deutliche Mieterhöhungen einstellen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will die Obergrenzen für die Miete in Sozialwohnungen nicht mehr aufrechterhalten. Das erklärte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Dienstag. Senator Sarrazin stellt sich damit wenige Wochen vor seinem Abtritt gegen seine Partei: Die Sozialdemokraten hatten auf ihrer Klausurtagung im Januar den Beschluss gefasst, die Mietobergrenzen beizubehalten.
In dem Beschluss der SPD heißt es unter anderem: „Deshalb werden wir zur Begrenzung des Mietanstiegs erneut Kappungsgrenzen im sozialen Wohnungsbau für das Jahr 2009 festlegen. Hierbei werden die Regelungen aus dem Jahr 2008 fortgeschrieben.“ Die Regelungen für die Nettokaltmiete sehen bislang Grenzen von 5,75 Euro beziehungsweise 5,35 Euro pro Monat und Quadratmeter vor – und je nach Wohnlage.
„Werden die Grenzen gekippt, würde das bedeuten, dass die Nettokaltmiete zum ersten April um bis zu 13 Cent pro Quadratmeter und Monat steigen kann“, erklärt David Eberhardt, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Für eine Wohnung mit 100 Quadratmetern könnten damit bis zu 13 Euro mehr im Monat fällig sein. Betroffen wären insgesamt rund 50.000 Wohnungen mit etwa 90.000 Mietern.
Für viele Mieter wäre dann ein Umzug am wirtschaftlichsten. Denn schon derzeit liegen die Mietpreise für Sozialwohnungen im Schnitt über den Wohnungen auf dem freien Markt, die laut Mietspiegel durchschnittlich 4,75 Euro pro Monat und Quadratmeter kosten. „Das liegt daran, dass die Sozialbauten vor allem Neubauten sind“, erklärt Erhardt. Im Gegensatz zu Altbauten müssten sich hier noch die Kosten für die Investition rentieren. Darüber hinaus sei der Leerstand verhältnismäßig hoch – was sich mit einer Abschaffung der Mietobergrenze noch verschärfen könnte.
Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, spricht von einem „fatalen Signal“, weil der Druck, auszuziehen, auf die Mieter wachse. Ein Umzug sei oft schwierig, da die Bewohner sich in ihrer Wohnung und ihrem Kiez wohl fühlten. Komme es aufgrund von Mieterhöhungen zu Wegzügen in größerem Maße, „muss das Geld, was jetzt eingespart wird, dann fürs Quartiersmanagement ausgegeben werden“, sagt Vetter. Der BBU spricht von 2,5 Millionen Euro, die die Maßnahme einsparen würde.
Ob die Mietobergrenzen für Sozialwohnungen tatsächlich abgeschafft werden, entscheidet letztlich der Senat. Aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es am Dienstag dazu nur, dass man „eine gemeinsame Lösung“ mit dem Finanzsenator finden werde.
SVENJA BERGT