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Sozialdemokraten in Schleswig-HolsteinAlbig soll Nord-SPD führen

Schleswig-Holsteins Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner ist enttäuscht. Denn der SPD-Spitzenkandidat im Landtagswahlkampf heißt Torsten Albig.

Nun auch jenseits von Kiel eine Macht: Torsten Albig. Bild: dpa

Die SPD Schleswig-Holstein hat ihre Basis befragt, und die hat - überraschend deutlich - entschieden: Torsten Albig führt die Partei in den nächsten Landtagswahlkampf. Beim Mitgliederentscheid über die Frage der Spitzenkandidatur fielen 57 Prozent der Stimmen auf den jetzigen Kieler Oberbürgermeister, der zuvor in der Bundespolitik aktiv gewesen war, zuletzt als Sprecher des damaligen Bundeswirtschaftsministers Peer Steinbrück.

Weit hinter Albig zurück blieb der Landespartei- und Fraktionschef Ralf Stegner, der nur 32 Prozent der Stimmen erhielt. Die Bürgermeisterin von Elmshorn, Brigitte Fronzek, landete mit 9 Prozent auf dem dritten Platz. Insgesamt hatten sich fast 70 Prozent der 19.171 Parteimitglieder am Entscheid beteiligt, 5.000 Gäste hatten die Vorstellungsrunden besucht.

"Die Partei ist enorm mobilisiert", sagte Ralf Stegner. Das Verfahren, das er als Reaktion auf Albigs Bewerbung um die Spitzenkandidatur vorgeschlagen hatte, sei ein "Riesenerfolg für die Sozialdemokratie". Das Ergebnis nannte der Landesvorsitzende "überraschend und für mich enttäuschend". Was seine Zukunft angehe, werde er das in den Gremien besprechen.

Im April steht ein Landesparteitag mit Vorstandswahlen an, auch die Landtagsfraktion könnte einen neuen Vorsitzenden wählen. Verliert Stegner, der noch vor einigen Jahren als Hoffnungsträger und "Kronprinz" der damaligen Ministerpräsidentin Heide Simonis galt, diese Ämter, könnte seine Karriere beendet sein. Stegner gab sich kämpferisch: "Ich werde weiter eine Rolle spielen." Entschieden hätten die Mitglieder, wem sie einen Wahlsieg am ehesten zutrauten: "Inhaltlich gab es keine Kritik am Kurs der Partei."

Das eben ist die Frage. Während Stegner für den linken Parteiflügel steht und den nördlichsten Landesverband gern als "dickschädelig, links und frei" bezeichnet, gilt Albig als Mann der Mitte, der zuerst das Machbare - und die Finanzen - im Blick hat.

Schleswig-Holstein hat eine Schuldenbremse in der Landesverfassung vereinbart und muss jährlich 125 Millionen Euro einsparen. Nach dem Entscheid erklärte Albig, man könne auf Landesebene viel bewegen und müsse "Wachstumswege aufzeigen". Auf die Flügel-Debatte mochte sich der Steuerfachmann und Jurist am Samstag nicht einlassen: "Da wo die SPD ist, ist die Mitte."

Das Ergebnis des Mitgliederentscheides zeigt, dass die Parteibasis ihm zutraut - wie Olaf Scholz in Hamburg -, breitere Wählerschichten zu gewinnen. Bündnisse jenseits von Rot-Grün sind denkbar, wobei auch Grüne sich mit Albig eine Koalition vorstellen können. Offiziell bestimmt ein Landesparteitag den Kandidaten, aber Ralf Stegner verkündete das Ende der innerparteilichen Konkurrenz und sicherte Albig seine Unterstützung zu. Die Landtagswahlen finden voraussichtlich 2012 statt, ein Termin steht noch nicht fest.

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5 Kommentare

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  • C
    Carsten

    Die SPD-SH zurück auf den Weg zur Schröder-SPD? Mit Olaf Scholz und Torsten Albig drängt die SPD wieder auf einen neoliberalen Kurs. Mal sehen, wann diese SPD wieder von Mindestlohn und Equal Pay in der leiharbeit abrückt. Anstatt auf eine diffuse "Mitte" zu schielen, sollte sich die SPD sich klar als Partei der Arbeitnehmer positionieren. Gerechte Verteilung des erwirtschafteten, gerechtere Steuerpolitik, würdige Arbeitsverhältnisse, Regulierung der Arbeitswelt.

  • H
    hann0s

    Na dann Wünsch ich der SPD weiterhin viel Glück bei dem Weg in eine Spartenpartei. Wer linke Inhalte will, sollte halt nicht Rot/Grün wählen, in ihrer über 100 jährigen Geschichte ist diese Partei traditionell immer die Partei der charakterlosen Umfaller gewesen, alles im Namen des Pragmatismus. Eigentlich traurig, das dieser völlig berechtige Fall in die bedeutungslosigkeit und als Juniorpartner der CDU so lang gedauert hat.

  • K
    Krischan

    Albig mag als Mehrheitsbeschaffer gegen Boetticher taugen, zu mehr aber leider nicht. Der profillose Karrierist wird als Ministerpräsident genauso zweitklassig regieren wie einst Heide Simonis in Kombination mit den kuschelweichen Grünenlehrern. Die sich ständig verschärfende Schuldenkrise wird eine noch unsozialere Politik provozieren, die dennoch eine Politik der Ressourcenverschwendung bleibt. Nichts wird besser unter der SPD, die Korruption kriegt lediglich eine andere Visage.

  • SP
    Sabine Puls

    Herzlichen Glückwunsch Torsten Albig!

    Ich möchte mich Herrn Thiesen (s.o.) anschließen.Jetzt bitte keine Fehler siehe NDR-Text!..........wir hatten lange genug Bauchschmerzen......

    Ihre Sabine Puls

  • PT
    Peter Thiesen

    Glückwunsch dem Kieler Oberbürgermeister, dessen Genossen in Schleswig-Holstein doch intelligenter sind als ich bisher annahm. Denn es dauerte extrem lange, ehe sie sich den allseits unbeliebten Ralf Stegner aus dem Pelz schüttelten.

    Jetzt muss die Landes-SPD sehr aufpassen, dass Stegner nicht durchs Hintertürchen wieder manipuliert, um so dem Realpolitiker Albig und einem Neuanfang der ehemaligen Volkspartei zu schaden.