Sozialarbeit in Hamburg: Kämpfer für die Obdachlosen
30 Jahre lang arbeitete der Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer beim Straßenmagazin und Beschäftigungsprojekt Hinz&Kunzt. Nun hört er auf.
Der Sozialarbeiter Karrenbauer arbeitete 30 Jahre bei Hinz&Kunzt. Monatlich erscheint das Hamburger Magazin und ist auch ein Beschäftigungsprojekt: Obdachlose können die Zeitschrift auf der Straße verkaufen, um damit Geld zu verdienen. Brauchen die Verkäufer:innen Hilfe bei Suchtproblemen, Einsamkeit oder bei anderen Krisen, war Karrenbauer mit seinen Kolleg:innen zur Stelle. Mit 60 Jahren hört er nun auf. „Ich bin traurig, wegzugehen“, sagt der gebürtige Hamburger, „und erleichtert zugleich, weil damit die Verantwortung abfällt.“
Direkt nach der Schule war Karrenbauer zunächst in einer anderen Richtung unterwegs und machte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Dann studierte er Soziale Arbeit – „um die Welt zu verändern, natürlich.“ Nach einer längeren Zeit in der Drogen- und Suchtberatung kam er zu Hinz&Kunzt, da gab es das Magazin seit einem Jahr. Hier wurde alles auf den Kopf gestellt, was er im Studium gelernt hatte – und das gefiel ihm auf Anhieb: Zum Beispiel war Karrenbauer überrascht, weil in seinem Vorstellungsgespräch ein ehemaliger Suchttherapie-Patient von ihm neben der Geschäftsführerin saß und beurteilen sollte, ob er der richtige Kandidat sei.
Die Idee, in Kooperation mit Menschen zu arbeiten, hat Karrenbauer bereits in seiner Kindheit vorgelebt bekommen. Sein Vater war Strafvollzugsbeamter und in der Familie war es normal, dass der Vater Gefängnisinsassen mit nach Hause brachte. „Die saßen dann bei uns beim Abendbrot oder machten Gartenarbeit, und abends brachte mein Vater sie zurück ins Gefängnis“, erzählt Karrenbauer. Bei Hinz&Kunzt setzte er diesen Ansatz fort.
Heute freut ihn besonders, dass einige seiner Klienten inzwischen seit 20 Jahren in Wohnprojekten zusammenleben und alles wunderbar funktioniere: „Ich glaube, dass jeder Mensch, der gestrandet ist, mindestens eine gute Geschichte hat. Und diese Geschichte muss zusammen herausgearbeitet werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
SPD nach Ampel-Aus
Alles auf Olaf
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
CO₂-Fußabdruck von Superreichen
Immer mehr Privatjets unterwegs