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Archiv-Artikel

Sozialämter sind überlastet.

Betr.: „Verlieren wie eine Löwin“, taz Bremen vom 4. Juni 03

Der Bericht über eine alleinerziehende Sozialhilfeempfängerin, die mit ihren Töchtern nicht mehr in das gleiche Wohnumfeld ziehen möchte, in dem eine Tochter sexuell missbraucht worden ist, erschüttert. Erschütternd auch, wie die Frau scheinbar vom Amt für Soziale Dienste im Stich gelassen wird.Trotzdem: Dort sitzen keineswegs nur hartherzige, kalt lächelnde Beamtinnen und Beamte, die ihre Verwaltungsvorschriften durchziehen!

Viele würden sich um Problemfälle gern intensiver kümmern. Allein: Die Arbeitsbelastung ist so hoch, dass das Personal der Flut der Anträge kaum noch Herr wird. Die Sachbearbeiterinnen sind kaum noch in der Lage, Fälle wie diesen sachgerecht zu prüfen oder gar Forderungen einzuziehen - obwohl sie es gern würden. Und anstatt die Ämter finanziell vernünftig auszustatten, kürzt die Stadt an der völlig falschen Stelle. Mit fatalen Folgen.

Ein reales Beispiel: Vor wenigen Wochen bedrohte im Sozialamt Mitte ein Drogenabhängiger Wartende und zwei Sachbearbeiterinnen derart massiv, dass diese gezwungen waren, einen Scheck über 20 Euro auszustellen. Seine Worte: „ Ich brauch‘ sofort Kohle für ‘nen Schuss.“ Fazit: Nicht Schwadroniererei über Kürzungen der Sozialhilfe spart Geld, sondern ein detailliertes Kosten-Nutzen-Konzept, das sich an betriebswirtschaftlichen Kriterien ebenso orientiert wie an echten Bedürfnissen.

Roland Bösker, Bremen