■ Soundcheck: Gehört: Swans
Gehört: Swans. Nur wenige Unverzagte pilgerten am Sonntag abend in die Große Freiheit, und so versuchten Michael Gira und seine Swans, nicht allzu verloren zu wirken. Im matten Schimmer plüschiger Stehlampen kauerte sich die fünfköpfige Band in der Mitte der Bühne zusammen, um selbstvergessen zu musizieren.
Mit dem Rücken zum Publikum packte Gira, der sich wie ein stolzer Loser aus einem Kaurismäki-Film über die Bühne schleppte, sofort die Keule aus. Von sparsamen Weltschmerz- und Messiasposen begleitet, wuchtete er einen rigiden Schrammel-Bombast-Wave in die Halle. Die strengen und todernst grollenden Kompositionen zuckten vor jeder Art von Abwechslung und Tempo zurück und erstarrten in demütiger Monotonie.
So auch die Zuhörer. Die hielten respektvollen Abstand zum Meister und erlaubten sich gerade soviel Ergriffenheit, um dabei noch cool auszusehen. Kontemplativ headbangend verneigten sie sich vor dem stetig auf sie zuwogenden Getöse, vielleicht ahnend, daß dort vorn eine Blender wirkte. Denn Michael Gira predigte Selbstbegrenzung, inszenierte aber einen künstlich hochgepeitschten, selbstverliebten Theaterdonner. Zwar gab er sich den Anschein eines der Welt entrückten Klangforschers und besessenen Lautmalers, doch letztlich will auch er nur geliebt werden.
Björn Ahrens
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