■ Soundcheck: Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs / Helgoland / Chorea / Karl S. Blue and his Magic Quells / Nina Hagen / Willy de Ville mit Band
Gehört: Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs und Helgoland. Verkappt, verlobt und wie verheiratet mit superben Ideen gastierten Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs im Westwerk. Vom eigenen Drive gepackt, bangten die Köpfe der Mitglieder gen Bühnenboden. Oder verbeugte man sich rhythmisch in Richtung eines imaginierten Rock-Mekka? Die meisten Kompositionen der OZSWMK deuteten auf eines ihrer reizendsten Talente hin, nämlich auf die kontrollierte, instrumentale Ausfransung der jeweils zweiten Hälfte eines Stückes. Beim Auftritt von Helgoland wickelten seine Instrument-Malträtierungen und Luftsprünge den Bassisten Rudy Buhr in eine besondere Rolle. Beide Gruppen werden uns noch schöne Bescherungen bereiten.
Kristof Schreuf
Heute abend: Chorea. „Chorea Huntington“, der krankhafte Veitstanz. Tanzen – Tekno – Industrial – Atonal – der Reigen, griechisch: „Chorea“. Durcheinander? Nacheinander: Tom Fleischhauer und C.v. Rautenkranz werden Hardtrance, Acid Tekno und Detroit-Tekno hören lassen, die Hamburger Band Eisenvater wird danach ihren Noise-Pop durch die Flora-Halle schallen. Engin-Ear, realisiert durch drei Tekno-DJs, leiten über zur eigentlichen Attraktion des Abends, zu ICU, zwei Mitgliedern der Industrial-Band Test Department. Zusätzlich wird den ganzen Abend über die Klanginstallation POL von Henning Schlage und Ingo Schepper mit Farbänderungen und Sounds auf die Frequenzen in der Flora reagieren. Greta Eck
Rote Flora, 21 Uhr.
Heute abend: Karl S. Blue and his Magic Quells. Erleben Sie die gelungene musikalische Umsetzung von Slogans wie „Take the Charakterköpfe bowling“ oder „Karl oder Selters“: Karl S. Blue ist ein lustiger Mann, seine drei R'n'R-Mitschnacker haben den Bogen raus. Was sie anpacken, wird vielleicht mal eine neue Religion. Seit sie einen Pakt mit dem heimatlichen Beelzebub in Billstedt schlossen, bereitet sich der Vierer seinen Weg zur Unwiderstehlichkeit. Für die Produktion der ersten Platte gewannen die Quells den Billy-Afficionado Ted Gaier, für Auftritte gilt nur eine Regel: Hingabe. Ich sehe Euch später, AlligatorInnen.
Kristof Schreuf
MarX, 21 Uhr
Morgen abend: Nina Hagen. Liebe Kinder, die Barbie-Puppe gibt es jetzt auch als intergalaktisches Domina-Modell. Sie heißt Nina, hat große, fragende Kulleraugen, trägt ein schwarzes Latex-kostüm und ist an einen Stuhl gefesselt. Das muß auch sein, denn Nina wollte immer nur abhauen. Erst ist sie Richtung Westen über die Mauer gehüpft, dann wollte sie sich sogar ins Weltall beamen. Aber weil das natürlich total weit weg ist, tanzt sie jetzt lieber in schnuckeligen indischen Tempeln. Wenn Ihr Nina ansprecht, fängt sie sofort an zu plappern. Berliner Schnauze mit amerikanischer Simultanübersetzung – echt crazy, you know. Nina kann auch wunderschön singen, ganz egal, welcher Groove gespielt wird. Wenn Ihr mehr über Nina wissen wollt, dann kommt sie doch einfach mal besuchen. Sie hat genug Liebe für Euch alle übrig.
Björn Ahrens
Große Freiheit, 22 Uhr
Morgen abend: Willy de Villemit Band. Er, der sich zur Hoch-Zeit des Punk mit seiner Band Mink De Ville als krächzender Schnulzensänger mit Latino- und R & B-Touch etablieren konnte, präsentierte Anfang des Jahres mit einem Live-Album den Querschnitt einer siebzehnjährigen Karriere. Man darf gespannt sein, ob ihm morgen wieder der Brückenschlag zwischen Mariachi und Cajun, Sechziger-Jahre-Pop und R & B gelingen wird.
Im Vorprogramm treten die Subdudes aus New Orleans auf. Die vierköpfige Band formt aus den musikalischen Einflüssen ihrer Heimat eine interessante Melange aus R & B, Rock und ein wenig Gospel. Dabei gelingt es ihnen, Erinnerungen an Gruppen wie Lynyrd Skynyrd oder The Band wachzurufen, ohne jedoch deren Stil einfach akustisch abzukupfern. CAK
Stadtpark, 19 Uhr
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