■ Soundcheck: Bill Wyman / The Earty Hours
Gehört: Bill Wyman. Ach, er hat es schon gut, der Bill. Muß nicht länger monatelang um die Welt reisen, um in den Arenen zum zigsten Male „Brown Sugar“ und „Jumpin' Jack Flash“ runterzureißen. Kann sich statt dessen der Archäologie, dem hauseigenen Archiv, der nochmal frischgegründeten Familie widmen. Und wenn doch wieder Lust aufkommt auf Musik und Bühne, trommelt er mal eben einige der besten britischen R'n'B und eine ungekrönte Soul-Queen für eine zwar auch nostalgische, aber doch erstaunlich frische Sause zusammen: Albert Lee! Martin Taylor! Georgie Fame! Beverly Skeete!
Mit leichter Hand zauberte das elfköpfige Ensemble Music-Hall-Atmosphäre ins Docks, bediente sich dabei aber exklusiv amerikanischer Quellen. Man wähnte sich im French Quarter von New Orleans, im Mississippi-Delta, in Oklahoma. Der unverwüstliche Mr. „Stack-A-Lee“ bekommt noch mal Besuch. Und auch ein Eigenbrötler wie Dan Hicks hätte gewiß zufrieden genickt angesichts dessen, was diese Rhythm Kings mit seiner Vorlage anstellten. Und als Bill zwischendurch mal keine Lust mehr hatte, nur den angeheuerten Assen zuzuschauen, die das Wort „Virtuosität“ noch mal unverhofft unpeinlich durchbuchstabierten, reichte er seinen Baß kurzerhand weiter, setzte sich auf einen Hocker und sang sogar ein bißchen: „Can't get, can't get enough of that stuff.“ Ja, er hat's schon gut, der Bill.
Jörg Feyer
Heute abend: The Early Hours. Wo haben sie sich nur all die Mods verkrochen? Ans Ende der Welt, nach Perth nämlich. Aus diesem verwunschenen Städtchen irgendwo im australischen Nirgendwo stammen jedenfalls The Early Hours, vier Herren, die wissen, wie man den Mar-shall-Verstärker schnorren läßt. Lustigerweise nennen sie ihr neues Album Evolution; so gesehen muß man es wohl als Laune der Natur betrachten, daß ihr Powerpop klingt, als seien die 60s nie wirklich zu Ende gegangen. Schwer regressiver Beat wird heute abend am Fischmarkt gereicht, aber das ist gar nicht böse gemeint. Achten Sie auf die Hemdkragen und die Kotelettenlänge! cbu
22.30 Uhr, Golden Pudel Klub
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