■ Soundcheck: COW/Get-Rhythm-Nacht
Sonnabend: COW/Get-Rhythm-Nacht: „Deutschen Country gibt es nicht“, lautete vor zwei Jahren das Motto, mit dem sich die Hamburger Band Fink anlässlich ihres Debütalbums taktisch positionierte. Einerseits wollte man den eigenen deutschsprachigen Country als musikalischen Import kenntlich machen. Andererseits galt es, sich gegen die jämmerlichen Assimilierungsversuche all derer abzusetzen, die dem Schlager den Stetson aufsetzen und meinen, sie seien cool as Cash.
Deutschen Country gibts also nicht. Aber wie stehts mit Country in Deutschland? „Hierzulande kann niemand ein ungebrochenes Verhältnis zu Country haben“, behauptet Ecki Heins, einst Fiedler bei Fink, und jetzt bei COW aktiv, einer Allstar-Band, in der sich Mitglieder von Die Braut Haut Ins Auge bis zu Die Sterne über ihre Pop-Profession hinaus zur Countrymusik bekennen. „Allerdings ohne Augenzwinkern“, wie Heins anmerkt, schließlich sei nichts leichter, als sich einen Cowboyhut aufzusetzen und lustig „Jambalaja“ zu pfeifen. Dagegen ist es eine Kunst, dem besten Freund ein Faible für George Jones zu gestehen oder auf die durchaus emanzipatorische Wirkung von Tammy Wynettes „Stand by your man“ hinzuweisen. Das Problem dabei: Viele ahnen gar nicht, dass sie Country mögen, bis sie ihn irgendwann zwischen Hillbilly, Western, Bluegrass und Cajun für sich entdecken. Zur allgemeinen Geschmacksbildung wollen daher das Knust und der Augsburger DJ, Buchautor und Country-Didakt Franz Dobler beitragen. Fortan jeden ersten Sonnabend im Monat will man sich den verschiedenen regionalen Volksmusiken der amerikanischen Landbevölkerung widmen und helfen, Ressentiments abzubauen.
Denn Gründe, Country doof zu finden, gab und gibt es genug. Die Musik taugte nie als Mittel jugendlicher Distinktion, war nie richtig cool. Und den Linken galt Country jahrzehntelang eh als Sprachrohr der US-amerikanischen Reaktion; umso größer Doblers Verdienst, bis vor kurzem ausgerechnet der Jungen Welt eine regelmäßige Country-Kolumne unterzujubeln. Dabei sind die meisten Countryhörer selbst vollkommen ironiefrei und verfügen im Durchschnitt über das Abstraktionsvermögen eines jungen Gürteltiers. Wegen seines „I'm proud to be an Okie from Muskogee“ muss Merle Haggard noch heute seinem Publikum auf Konzerten den Unterschied zwischen Autor und erzählendem Subjekt erklären. Sonst nämlich ist Country die ernsthafteste und aufrichtigste Musik der Welt. Vielleicht hat sie es deshalb so schwer in Deutschland. Sicher hingegen ist: Wenn Franz Dobler in seine Augsburger Plattenkiste greift, finden sich neben schweißnassem Country-Rock und japanischen Cow-punk garantiert auch ein paar Stetsons.Michael Hess
21.15 Uhr, Knust
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