piwik no script img

Sondierungen in NRWKraft ganz offen für die FDP

Vor den ersten Ampel-Sondierungen versuchen die Parteien, alte Konflikte zu vergessen. Besonders FDP und Grüne haben sich lange bekämpft - jetzt müssen sie sich zusammenreißen.

Letzte Chance für Kraft: Die Ampel. Bild: dpa

BOCHUM tazTief gespalten geht die FDP in das erste Sondierungsgespräch zur möglichen Bildung einer Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen. Zwar betont der Landesparteichef Andreas Pinkwart, die Liberalen wollten heute "ergebnisoffen und selbstbewusst" mit SPD und Grünen über eine gemeinsame Regierungsbildung verhandeln. In der 13-köpfigen FDP-Landtagsfraktion aber hat die Ampel kaum Freunde: Nur auf Druck der Bundespartei hat sich Fraktionschef Gerhard Papke überhaupt zu Gesprächen bereit erklärt. Und sein parlamentarischer Geschäftsführer Ralf Witzel warnt Rot-Grün schon im Vorfeld: Die FDP-Parole "Privat vor Staat" sei der unverzichtbare "Markenkern" seiner Partei.

Für die SPD-Landesparteivorsitzende Hannelore Kraft dagegen ist die Ampel die letzte Chance, doch noch eine Mehrheitsregierung zustande zu bringen - Rot-Grün allein fehlt dazu eine Stimme, Sondierungen mit der Linkspartei hatte Kraft platzen lassen. Auch über den amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers sagte sie, er sei in vielen Fragen "im Ungefähren" geblieben.

Doch eine Ampel wäre ein politisches Wunder. Gerade die Grünen liefern sich seit zehn Jahren heftige Verbalgefechte mit der FDP. Entsprechend tief sind die Verletzungen bei den liberalen Parlamentariern: "Von den Grünen sind wir als Extremisten beschimpft, als Staatsfeinde bezeichnet worden", so der FDP-Landtagsabgeordnete Stefan Romberg zur taz. "Offen und ernsthaft, aber skeptisch" betrachte er deshalb die Sondierung: "Gut möglich, dass die nach nur einem Treffen schon wieder vorbei ist."

Bei Christdemokraten und Linken sorgt die Ampel jedoch schon heute für Aufregung. Bei den eigenen Sondierungen habe es doch "eine Vielzahl von gemeinsamen Positionen" gegeben, wirbt CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid um die Sozialdemokraten. Und die Linke bietet der SPD-Vorsitzenden Kraft nicht nur an, sie zur Chefin einer Minderheitsregierung zu wählen. Auch die von Rot-Grün bisher abgelehnte verbindliche Tolerierung sei weiter möglich, so der linke Parlamentarier Rüdiger Sagel zur taz.

SPD und Grüne aber winken ab. "Wir nehmen das zur Kenntnis", heißt es bei der SPD nur. Eine Minderheitsregierung sei angesichts der möglichen Ampel "kein ernsthaftes Angebot", findet ein führender Grüner. Und wenn die Ampel scheitere? "Dann reden wir weiter."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

15 Kommentare

 / 
  • V
    v.Altzheimer

    Knapper Versuch, die NRW-SPD-Polit-Schmiere vor/nach der Landstagswahl am 9. Mai 2010 konkret-empirisch zusammenzufassen:

     

    Ma(n)n muss weder hochgeBILDet[1] sein noch Sinologie studiert haben odern Ex-KPD/AO-Maoist gewesen sein um zu wissen: Im NRW-Plattland wirkt jeder Hügel wie ein Berg. Und bei den NRW-Sozizwerg(inn)en mit dieser Führungskraft an der Spitze[2] wirkt selbst der rheinischer CDU-Biedermann Dr.iur. Rüttgers wie ein “Arbeiterführer”[3].

     

    Die nun gescheiterte SPD-Führungskraft ist nicht nur gelernte Schröderistin, sondern auch NRW-erfahrene Clementistin. Sie trat mit dem politischen Hauptanliegen zur Wahl am 9. Mai 2010 an, „die Linke“ aus dem neuen Landtag raushalten zu wollen. Diese Politdame erklärte öffentlich in der letzten „landtag intern“-Ausgabe vor der Wahl, sie träte an, damit "die Linke" nicht in den NRW-Landtag käme …

     

    Der antisozialdemokratische Stein, den sie erhob, fiel dieser NRW-SPD-Führungskraft nun auf ihre eigenen Füße.

     

    [1] http://www.bild...-koalition.html

    [2] http://www.welt.de/politik/deutschland/article7999194/Kraft-sieht-jetzt-nur-noch-die-Option-Ruettgers.html

    [3] http://www.wdr.de/themen/politik/landtagswahl_2010/wahl/koalitionsverhandlungen/100612.jhtml

     

    Bon(n)gruss, 13. Juni 2010

  • SR
    Shaka Rock

    Die Machtbessenheit von SPD und Grünen ist wirklich unterträglich. Koalieren mit der FDP?? Den Marktradikalen??? Ein absolutes No-Go und eine weitere Enttäuschung. SPD und Grüne bleiben für mich weiterhin unwählbar....

  • MD
    maria daubenbuechel

    merkwürdig,daß madame kraft mit der fdp kann,die so wirklichkeitfremd ist,aber mit der linken,die ja immerhin von einer großen anzahl menschen in nrw gewählt

    wurde,da soll's nicht möglich sein.schaut man sich das verhalten der fdp an,dann

    muß die frage gestattet ein,warum mit denen?wenn aber die wähler im mittel

    punkt stehn und es sich nicht nur um reine machtbesessenheit handelt,dann

    gibt es nur einen weg,und das sind neuwahlen,alles andere ist flickwerk.ich

    denke das sind sie, frau kraft, ihren wählern schuldig.

  • K
    Kiki

    SPD und Grüne liebäugeln mit der FDP. Genug gehört. Damit hat sich die SPD endgültig als unwählbar erwiesen. Die Grünen sind schon lange unglaubwürdig. Und nun? Die Linke? ... Wünsche mir die "Radikale Mitte" von Werner Finck zurück. DAS wäre nun eine Option!

  • ST
    Stefan Thiesen

    Wie wäre es mit Demokratie? Man gehe ins Parlament und lasse die Parlamentarier entscheiden, wer Ministerpräsident wird. Ganz ohne Koalitionen und Fraktionszwang. Und dann mache man demokratische Politik: jedes einzelne Gesetz und jede einzelne Entscheidung müßte neu verhandelt werden, es müßte immer wieder neu Überzeugungsarbeit geleistet werden, anstatt daß eine Gruppierung automatisch immer alles durchsetzen kann, nur weil sie zufällig zu einem bestimmten Zeitpunkt, ein Prozent mehr Stimmen hatte. Abgeordnete, die tatsächlich nur ihrem Wissen und Gewissen verpflichtet sind und unabhängig von Koalitionsvereinbarungen entscheiden. Wie wäre das?

  • T
    thafaker

    Ehrlich gesagt kann ich die Aufregung nicht verstehen. Wenn ich mich recht entsinne, war vor der Wahl die Wunschkoaltion in NRW, für die dort hiesige Bevölkerung, mit weit über 40%, RotGrün und nicht RotRotGrün. Letzere Konstellation wurde von 5% - 10% gewünscht. Für die Wunschkonstellation RotGrün hat es leider nach dem Wählervotum nicht gereicht. Kraft hat dann anschließend mit jeder Partei offen und ehrlich sondiert.

     

    Die Entscheidung nicht mit den Linken zu koalieren kam von SPD und Grünen und ist für jene die im realexistierenden Sozialismus gelebt haben und nicht den dortigen Kadern angehört haben oder Opfer waren nachvollziehbar. Ich meine, man verlangt ja auch nicht von Opfern des Nazisterros eine Koalition mit einer braunen Partei zuzustimmen.

     

    Auch eine Entscheidung nicht mit der CDU zu koalieren ist aufgrund der Programmatik und der letzeten Großen Koaltion im Bund verständlich. Bleibt zum Schluß entweder die FDP als Partner oder Neuwahlen übrig.

     

    Wenn Die FDP sich in den Sondierungen nun dazu duchringen würde wieder sozailliberale Politik wie in den 70zigern zumachen, wer hätte was dagegen einzuwenden?

     

    Anaonsten ganz klar Neuwahlen!!

  • US
    Uwe Sak

    Wer SPD und Grüne gewählt hat braucht jetzt nicht rumzujammern. Die haben schon vor der Wahl in erster Linie gegen die Linke gepöbelt. Ärgerlich ist nur, dass die Linkspartei jetzt auf einmal von Tolerierung redet. Sie hat ein paar Ohrfeigen bekommen und bedankt sich jetzt dafür.

  • N
    Nordwind

    Tja, da hat sich die Schröderfrau Kraft so nach und nach wieder dorthin laviert wo sie auch hingehört. ?PD halt.

     

    Hier kann man wählen was man will. Es kommt immer etwas rechtes dabei raus.

  • R
    Realist

    Ich als NRW-Bewohner und Wähler finde es einfach nur widerlich wie hier mal wieder um Posten und Pfründe gepokert wird. Um etwas anderes geht es doch nicht, wenn die SPD ernsthaft die Politik ändern wollte müßte sie mit den Linken verhandeln.

    Die Verweigerung sagt doch alles, am besten wären Neuwahlen mit WahlPFLICHT für alle!

  • AB
    Arno Besendonk

    Klasse, die Drei Blondinen Koalition (Kraft Loermann Piltz. Das wird was werden ...

  • W
    Wolf

    Wer wird den Arbeiter verraten, es sind wieder Sozialdemokraten.

    Was müssen sich die vielen Wiederwähler der SPD in NRW

    bei einer Ampelkoli verarscht fühlen.

     

    Auch hier wird durch Kraft, die sich der FDP anbiedert und mit ihrem Landesverband alle Agenda 2010/H4 Beschlüsse mit abgesegnet hatte, der weitere Untergang einer einstmaligen sozialen Arbeiterpartei auch in NRW beschleunigt.

     

    Die SPD ist absolut unglaubwürdig und unwählbar geworden.

  • V
    vic

    Ich empfinde mitleidige Abscheu für diese "Sozialdemokraten" und "Grüne".

    Und ich freue mich auf den Tag, an dem selbst die ganze Bande gemeinsam zu wenig Stimmen erhält, um weiterhin die Schwächsten der Republik zu bestehlen, im Namen des Volkes Risiko mit Atomkraftwerken zu spielen und Kriege zu führen.

  • L
    Lachhaft

    Wer die Agenda 2010-Kraft oder Agenda 2010-Grün gewählt hat, bekommt Rüttgers oder die FDP! Selbst schuld.

  • R
    Riin

    Ha ha ha.

    Die "Wir sind so grade noch mal in den Landtag gekommen"-Partei setzt Vorbedingungen für eine Koalitionsbeteiligung.

    Das gönn ich der SPD jetzt so richtig.

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Sollen sich zusammenreißen - und nicht mehr verlogen gegen die Linke schießen, sondern sagen, dass sie eine Koalition machen, wenn bestimmte Leute nicht ins Parlament kommen.

     

    Warum sollten sich die Grünen zusammenreißen und sich durch die Koalition mit der FDP unwählbar machen? Die FDP zeigt doch grade im Bundestag, warum man sie nie und nimmer wählen kann.