: Sondermüllverbrennung: Neuer Industriezweig
■ Giftmüll–Hearing der Grünen in Nordrhein–Westfalen
Aus Castrop–Rauxel A. Weber
Die NRW–Grünen veranstalteten zusammen mit dem BUND am Samstag in Castrop–Rauxel ein Hearing zur Sondermüllverbrennungsproblematik. Vor zahlreichen VertreterInnen von Bürgerinitiativen kritisierten sie die Politik der Landesregierung, die im nächsten Jahrzehnt zu den 15 bereits existierenden acht weitere Giftmüllverbrennungsanlagen in NRW entstehen lassen will. Harry Kunz aus dem Landesvorstand der Grünen: „Die wirtschaftliche Strukturschwäche wird als Argument für den Bau genutzt, dabei hat NRW schon jetzt die meisten der bundesweit 25 Verbrennungsanlagen. Sondermüll wird zum Investitionsprojekt. Die Entwicklung von müllvermeidenden Produktionsweisen bleibt unberücksichtigt.“ Nordrhein–Westfalens chemische Industrien produzieren derzeit etwa 50 Prozent des gesamten Sondermülls in der Bundesrepublik. Die Grünen befürchten einen Anstieg dieser Produktion, wenn die Giftmüllverbrennung, wie geplant, zu einem umfangreichen Industriezweig ausgebaut wird. „Unternehmen, die in den sechziger Jahren ihr Geschäft mit der Atomtechnologie machten, investieren jetzt verstärkt in Giftmüllverbrennungsanlagen“, so Kunz. Der Sprecher des BUND und Sondermüllexperte Harald Friedrich warnte nachdrücklich vor den ökologischen Auswirkungen der Müllverbrennungstechnologien: Sondermüll sei ähnlich gefährlich wie Atommüll. Dioxinfreie Emissionen gebe es nicht, zudem sei der Grad der Luftverschmutzung „nicht im mindesten zuverlässig“ zu messen. Er verwies auf eine Studie des Bundesumweltministeriums vom 22.12.1987, die seine Einschätzung bestätige, die jedoch bei der Sondermüllpolitik bundesweit nicht berücksichtigt werde. Im Resümee des Hearings hieß es, daß sich Grüne und Bürgerinitiativen landesweit organisieren werden, um offensiv gegen Minister Matthiesens Umweltpolitik anzugehen und ein Konzept zur Vermeidung von Sondermüll zu fordern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen